Frank Frangenberg
Georg Herold: “Salbe”
Galerie Gisela Capitain, Köln, 5.6. – 17.9.1998
Was ist ein Klassiker? Rainald Goetz hat gesagt: ein Hit. Hits seien so gut, daß sie einen nie langweilen würden. Kardinalsymptom des Hits wie des Klassikers sei schließlich: daß er Mut mache, neue Kraft gebe, neue Stärke … usw. im Goetzschen Duktus.
Ein Klassiker ist zuerst einmal ein Geschenk. Von Georg Herold kann man heute feststellen, er sei ein Klassiker, nicht nur, weil er tatsächlich zuerst als ein Geschenk zu uns kam, den Bürgern der Bundesrepublik von ihrem Staat präsentiert – eine seltsame Form der Gratifikation, die sich aus der ehemaligen Konstellation zweier deutscher Staaten mit einem sie trennenden Spalt ergeben konnte. Einen Klassiker zeichnet gemeinhin Wiedererkennbarkeit aus, eine Permanenz des Stils. Wer heute noch eine simple Dachlatte zur Hand nimmt, sollte im Geiste Georg Herold Tribut gezollt haben, dessen Verbindung zur gemeinen Dachlatte selten emblematisch ist. Von diesem Material möchte man ignorant annehmen, daß nichts an ihm einmalig ist – und dennoch bekommt es eine einzigartige Präsenz in der Arbeit von Georg Herold. Es ist blödsinnig reduzierend, nur über Dachlatten in Herolds Oeuvre zu sprechen, bei dessen materialer Vielfalt. Es gilt für mich aber dennoch das Wort von Martin Gostner im Interview in diesem Band, der von der “Generalmetapher” in Herolds Arbeit spricht.
Die Heroldsche Dachlatte verliert bei ihren diversen Auftritten im Oeuvre von Georg Herold nie den ursprünglichen Charakter der Konstruktion, der Stütze. Immer stellt eine Heroldsche Dachlatte eine bezwingend elegante Lösung dar. Daß niemand bisher etwas besseres anstelle der…