Vitus H. Weh
Georg Herold
»Alles in Ordnung«
BAWAG Foundation, Wien, 6.5. – 17.6.1999
Georg Herold hat eine Mission zu erfüllen. Wo andere eine Wachturm-Postille vor sich hertragen, greift er allerdings zur Dachlatte. Ihr hat er sein gesamtes künstlerisches Werk gewidmet. Das heißt nun nicht, daß Georg Herold Dachlatten-Fetischist wäre. Es ist eher das “Prinzip Dachlatte”, das ihn bewegt.
Wenn Herold von seinem Erweckungserlebnis berichtet, füllt ein Lächeln sein Gesicht: Als Student arbeitete er bei einer Möbelfirma, die Küchen produzierte. Dort habe alles begonnen, sagt Herold. Schon bald merkte er nämlich, daß die Grundkonstruktion immer aus Dachlatten bestand – ganz egal, wieviel die Kunden letztlich dafür bezahlten: Latten waren gleichsam die Basis von allem. Mit dieser Erkenntnis wurde ihm der Lauf der Welt schlagartig einsichtig. Und war es in der Kunst nicht ähnlich? Bestand nicht auch jedes Leinwandbild zuerst einmal aus einem Dachlattenrahmen?
Herolds erste Einzelausstellung (1977) trug konsequenterweise den Titel “Präsentation der ersten Latte”. Es folgten “Latte in Watte”, “Goethe-Latte”, und “Dachlattenprofile”. Mit Holzlatten formte er Dürers Hasen dreidimensional nach, er arrangierte Paraphrasen auf das Bauhaus und die Pyramiden der alten Ägypter. Er bündelte sie zur Arbeit “Holz ohne Raum” oder interpretierte damit die Grenzziehung von Nationalstaaten. Ja, Herold war zur Latte als dem Grund aller Dinge vorgestoßen und berichtete fleißig davon. Ja, sein Werk wäre vielleicht sehr einseitig geworden, hätte er nicht Künstlerfreunde wie Albert Oehlen, Werner Büttner und Martin Kippenberger gehabt. Mit ihnen stellte er seit den 80er Jahren immer wieder gemeinsam aus, und Ausstellungstitel wie “Altes Gerippe – Mieses Getitte”,…