Carla Schulz-Hoffmann
Georg Baselitz
Auszüge aus einem Text, der im Katalog ‘Georg Baselitz’ des Galerievereins München e.V. und der Staatsgalerie moderner Kunst zur Ausstellung vom 1.4. – 9.5.76 erschienen ist.
Bei flüchtiger Auseinandersetzung mit dem Werk von Georg Baselitz drängt sich der Eindruck einer diskontinuierlichen, durch Brüche gekennzeichneten Entwicklung auf, die in der zunächst verwirrenden Umkehrung der Motive ab 1968/69 besonders evident zu sein scheint. Diese beeinflußt entscheidend das Urteil des ‘ungeschulten’ Betrachters, dessen gewohnte Wahrnehmungsweise durch das Prinzip der Umkehrung irritiert wird. Die Folge ist häufig eine Klassifizierung nach ‘normalsichtigen’ und ‘umgedrehten’ Bildern und eine Etikettierung von Baselitz als ‘Maler der auf dem Kopf stehender Bilder’.
Ziel dieser Untersuchung ist es, die innere Folgerichtigkeit in der scheinbaren Diskontinuität aufzuzeigen und die Umkehrung der Motive – die keineswegs zu einem ‘umgekehrten’ Bild führt – als logische Konsequenz eines auf die Probleme der Malerei gerichteten Prozesses zu begreifen. Der Bruch mit bereits Geleistetem bedeutet dabei gleichzeitig immer dessen Modifikation, im Sinne einer Entwicklung zum ‘autonomen’ Bild.
Vergleicht man die frühen Arbeiten von Baselitz mit der gängigen gleichzeitigen Malerei, so wird unmittelbar deren Andersartigkeit deutlich. Seine Abkehr vom herrschenden Tachismus äußert sich zunächst in der Wiedereinführung gegenständlicher Gebilde, die in einem kaum zu entziffernden inhaltlichen Kontext stehen. Das Gegenständliche erhält jedoch keine klar umrissene, eindeutig definierbare Form, wodurch es in seiner Bedeutung erneut in Frage gestellt wird. Präzise Beschreibbares gibt es kaum, Landschafts- und Tierrelikte, Bruchstücke menschlicher Körper, mit Hinweisen auf Geschlechtliches beladen, stehen neben amorphen Formen. Sie scheinen ein Eigenleben zu besitzen und erwecken den…