JÜRGEN KISTERS
Georg Baselitz
Galerie Werner, Köln, 16.1. – 6.3.2004
Es besteht kein Zweifel: Georg Baselitz hat in der Vergangenheit Aufsehen erregende Bilder gemalt. Mitten in einer ganz auf Abstraktion eingeschworenen deutschen Kunstszene hatte der junge Maler in den frühen Sechziger Jahren selbstbewusst und energisch seinen “auf kollektive Geschichte und persönliches Gedächtnis gegründeten neuen figurativen Stil” in den Blick gebracht: äußerst provokativ in seinen Themen für die damalige Zeit (wenn er den Phallus eines onanierenden Knaben oder tragische Helden malte) und mit einem kraftvollen malerischen Gestus, dessen virtuose Farbigkeit und sinnliche Präsenz den schon beinahe verlorenen Glauben an die aktuelle Substanz figürlicher Malerei zurückgab. Anders als in der großen Baselitz Retrospektive seiner Bilder und Skulpturen von 1959 bis 2004, die derzeit in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn ( vom 2.4. bis zum 8.8.2004) stattfindet, waren einige Wochen zuvor in der Kölner Galerie Werner bereits die neusten Werke des 1938 im sächsischen Deutschbaselitz geborenen Künstlers zu sehen. Bilder also, die zeigen, worauf er gegenwärtig sein malerisches Augenmerk richtet.
Wenn die neuen Arbeiten eines Meisters vorgestellt werden, erwartet man gewöhnlich Außergewöhnliches. Im Falle von Georg Baselitz relativieren sich die Erwartungen allerdings recht schnell. Die Motive stehen wie gewohnt auf dem Kopf, der malerische Gestus wirkt wie immer energisch-nervös, doch ansonsten erscheinen die Themen dieser Bilder eher belanglos. Seit langem schon, spätestens seit Ende der Achtziger Jahre, hat man dieses Gefühl, dass Baselitz keine malerischen Themen mehr hat, außer die Malerei selbst. Aber auch die wirkt längst eher routiniert als wirklich berührend,…