Birgit Richard
Geno-Stereotypen
Die Bilder machen die Welt vorstellbar, andererseits verstellen sie aber die Welt, anstatt sie vorzustellen (Anders 1992). Die technischen Bilder (Flusser 1990) bekommen einen ihrer Struktur unangemessenen magischen Charakter, wenn der Mensch vergisst, dass er selbst diese Bilder erzeugt hat. Er kann sie dann nicht mehr entziffern und entwickelt ihnen gegenüber ein magisch-rituelles Verhalten. Die Bildoberfläche der technischen Bilder erscheint “voller guter oder böser Götter” (Flusser 1990, 6ff); geheime Mächte, die gebannt werden müssen, schweben über dem Bild. Dies trifft insbesondere auf die Bildtopoi der Gentechnologie in den Systemen Wissenschaft, Popkultur und Medien zu, die sich zu einem magisch konstruierten Repräsentationsbild zusammenfügen.
“Wissenschaftliche Entdeckungen, wie die der Gene hängen von einer Ausstattung ab, von Maschinen, Darstellungstechniken, Geldern. Die Tatsachen sind natürlich objektiv und real, aber ohne ihre Verfertigung im Labor gäbe es sie nicht. Nur im Nachhinein kann man sagen, die Gene existieren.” (Latour 2000, 67)
Latours These ist von besonderer Wichtigkeit: Ohne den Ort des Labors und ohne die Darstellung haben die Gene keinen Platz im kulturellen Speicher der Gesellschaft. Sie können nicht in bedeutsame Meme (Dawkins) umgewandelt werden. Die lebenserzeugende Wissenschaft stellt ein bestimmtes Bild von sich her, dabei bedient sie sich immer wiederkehrender Stereotypen, die symbolisch verwertbar sind. Die für die Vermittlung konstruierten Bilddiskurse prägen visuelle Formeln für die Gentechnologie und damit eine eigene Sicht.
Da der Klon aus einer nur apparatisch wahrnehmbaren Materie besteht, ist besonders ein populäres Bild gut nachvollziehbar, das die Herstellung des Klons als vorindustriellen, manuellen, sexuell konnotierten Vorgang zeigt. Der Stich der Pipette…