Stephan Trescher
General Idea
»Infected«
Galerie Mai 36, Zürich, 9.6. – 23.7.1994
General Idea ist tot. Die vielseitigste, geistreichste, produktivste, schwulste, lustigste, kurz: großartigste kanadische Künstlergruppe, die es je gab, hat mit dem Tode von Felix Partz aufgehört zu existieren. Er starb Anfang Juni, nur vier Monate nach Jorge Zontal, ebenfalls an AIDS. Die beiden hinterlassen ihren Partner AA Bronson und eine sichtbare Lücke in den Reihen der letzten Avantgarde dieses Jahrhunderts.
Die letzte Ausstellung, die sie noch als Gruppe konzipieren konnten (und an der Felix Partz buchstäblich bis zur letzten Minute arbeitete), war vom 9. Juni bis 23. Juli in der Zürcher Galerie Mai 36 zu sehen. Ihr Name: Infected.
Weiß sind die Wände, kalt das strahlende Neonlicht, und in die klinische Atmosphäre bringen die ausgestellten Werke allenfalls eine fiebrige Hitze, ein hysterisches Lachen in steriler Stille. Mit anarchischer Freude haben sich G. I. daran gemacht, Inkunabeln einer klassisch gewordenen Moderne durch minimale Eingriffe zu verderben.
Durch geschickte Hängung wird dem Betrachter gleich zu Beginn der Schlüssel zur Ausstellung in die Hand gedrückt: Das erste, was er erblickt, ist das mittlerweile wohl bekannteste Werk G .I.s, der seit 1987 in unzähligen Formen verbreitete “infizierte” Indiana. Sein LOVE-Gemälde ist zum AIDS-Bild mutiert, das Rot, Grün und Blau sind grell geworden. Dieser Farbdreiklang durchtönt die ganze Ausstellung – und das damit untrennbar verknüpfte Wort erfüllt unausgesprochen den gesamten Raum. Das Wort ist ansteckend.
Am augenfälligsten wird das, weil die Vorbilder am bekanntesten sind, bei den “Infected Mondrians”: Deren kunstvoll konstruiertes Harmoniegefüge wird bis zum weißen Kastenrahmen akribisch…