Christian Huther
Gemeinsam in die Zukunft
Kunstverein Frankfurt/Main, 10.7. – 4.10.2009
Bald beherrschen sie wieder das Bild der Straßen, Städte und Dörfer: die Wahlplakate mit ihren Parolen und Programmen, ihren Köpfen und Kommentaren. Es ist Superwahljahr in Deutschland. Die Bundespräsidenten- und Europawahl haben wir schon hinter uns, die Bundestagswahl vor uns. Noch feilen die Parteizentralen an griffigen Parolen. Eine politische Floskel zur Zeit der deutschen Wiedervereinigung vor 20 Jahren versprach sogar „Gemeinsam in die Zukunft“, beschworen von Politikern jeglicher Couleur. Diese Floskel wählt Holger Kube Ventura, der neue Direktor des Frankfurter Kunstvereins, als Titel für seine erste Schau. Der Titel steht zwar programmatisch für die Kluft zwischen den Aufgaben der Gemeinschaft und den Vorstellungen des Einzelnen, zwischen politischen und privaten Interessen. Aber er ist auch eine Geste Venturas an das Publikum. So berücksichtigt der Kunsthistoriker, 1966 bei Frankfurt geboren und zuletzt in Halle (Saale) bei der Kulturstiftung des Bundes tätig, alle Medien, von der Malerei bis zum Video.
Freilich blieb Ventura, der sein Amt erst im April angetreten hat, zu wenig Zeit, um neue, aufwendige Arbeiten produzieren zu lassen. So griff er, auch aus finanziellen Gründen, auf Werke zurück, die seit 1996 überwiegend von deutschen Künstlern entstanden sind. Aber das tut der Schau sogar gut, denn Ventura setzt klare Akzente mit Sprach- und Bildrhetoriken des Suggerierens, Einflüsterns, Bestürmens oder Überzeugens. Wohl das eindrucksvollste Bild von der übermächtigen Präsenz eines Redners ist Bjørn Melhus gelungen, dem bekanntesten der 13 beteiligten Künstler bzw. Künstlerduos. Melhus tritt in seinem Video „Weeping“ von 2001 selbst als US-Fernsehprediger…