Rainer Metzger
Gelegenheit und Reue
Grazer Kunstverein, 9.10. – 21.11.2004
Terry Eagleton erzählt in seinem neuen, nicht von ungefähr „After Theory“ betitelten Buch die folgende Geschichte über George Best, einen der besten Fußballer, die jemals in England spielten. Best hatte seine Schuhe an den Nagel gehängt, logierte im Fünf-Sterne-Hotel, führte eine ehemalige Miss World spazieren, lebte überhaupt in Saus und Braus und ließ sich gerade eine neue Runde Champagner und Kaviar servieren, als der Etagenkellner, der ihn im Bett liegen sah, konsterniert fragte: „George, warum musste das alles so schief laufen?“ Die Logik des Kellners hat etwas für sich. Irgendwie hatte Best bei all dem verdammt schönen Leben, das er führte, tatsächlich versagt.
Dafür, dieses Irgendwie in den Griff zu kriegen, gibt es seit 3.000 Jahren die Philosophie. Und die Kunst hatte immer auch ein Wort dabei mitzureden, speziell in jenen Zeiten von Renaissance und Aufklärung, als sie sich fürs Didaktische und Allgemeine zuständig erklärte. Heutzutage raunt sie lieber über Transgender und Teeniebegehren, über Pop der achtzehnten Generation und plastische Chirurgie. Beeinflusst ist sie dabei von genau jener für Theorie gehaltenen Schreibe, der gegenüber Eagleton ein großes, dickes „Danach“ beschwört. Vorbei soll es endlich sein mit einer solchen Art von Weltzugang, die ein Weltentzug ist. Die Kunst und überhaupt das Kulturelle sollen wieder Themen aufwerfen und Antworten anbieten zu den großen Fragen des Lebens. In eben diesem Sinn ließ der Grazer Kunstverein mit seiner Herbstschau sie zu Wort kommen.
„Gelegenheit und Reue“ ist ein Titel von durchaus gegebener Unzeitgemäßheit. Er greift zurück auf die…