Susanne Boecker
Gastfreundlich und schamlos narrativ
IM GESPRÄCH MIT CHARLES ESCHE, CO-KURATOR DER 9. ISTANBUL-BIENNALE
Die 9. Ausgabe der Istanbule Biennale wurde kuratiert von Vasif Kortun, Direktor des Platform Garanti Contemporary Art Center, Istanbul, und Charles Esche, Direktor des Van Abbemuseums, Eindhoven. Das Kuratorenduo hat es sich zum Ziel gesetzt, die eingefahrenen Strukturen der Veranstaltung aufzubrechen und die Biennale neu zu orientieren. Susanne Boecker besuchte Charles Esche in Eindhoven und sprach mit ihm über Biennalen im Allgemeinen und die Istanbul Biennale im Besonderen.
In den letzten zehn Jahren sind Biennalen zum erfolgreichsten Modell internationaler Ausstellungen zeitgenössischer Kunst avanciert. Als zeitlich und geographisch immer dichter geknüpftes Netz bedienen sie eine globale Kunstszene, die schon lange keine nationalen Grenzen mehr kennt. 122 Biennalen soll es weltweit inzwischen geben, und wöchentlich werden es mehr. Jetzt sind auch Sie in den Ring gestiegen und haben sich als Kurator der 9. Istanbul-Biennale aktiv an diesem Karussell beteiligt. Sehen Sie den Biennale-Boom denn gar nicht kritisch?
Ganz allgemein muss man das Phänomen der Biennalen in zweierlei Hinsicht betrachten. Einmal geht es um das Experimentieren mit der Form von Ausstellungen. Diese Experimente können mal gelingen, mal auch wieder nicht. Nehmen wir als Beispiel die Biennale Venedig von 2003. Nach allgemeinem Konsens war das alles in allem keine erfolgreiche Biennale. Ich respektiere sie aber durchaus sehr als experimentellen Versuch. Der andere Aspekt der Biennale-Ausstellungen – auch dieser wieder mit sowohl positiven als auch negativen Seiten – ist die Tatsache, dass auf Biennalen Künstler von jenseits der alten Grenzen des Kalten Krieges, also…