Games, Fights, Collaborations
Spiele an der Grenze
Während frühe Verfechter von Interdisziplinarität wie Hal Foster und Rosalind Krauss bereits zum retour à l’ordre blasen, weil sie eine Erosion der kunsthistorischen Disziplin und ein allgemeines “deskilling” fürchten, ist die Universität Lüneburg dabei, dieser Richtung ein profiliertes Gesicht zu geben und legt eine Selbstdarstellung des Studiengangs “Kulturwissenschaften” vor, der zwischen Kunstgeschichte, Soziologie und Informatik vermittelt, einen eigenen Kunstraum unterhält und Künstler mit Studenten gesellschaftlich orientierte Projekte erarbeiten läßt. So kamen Christian Boltanski, Clegg & Guttmann, Andrea Fraser, Fabrice Hybert, Thomas Locher in den Kunstraum und hinterließen Werke, deren Gemeinsamkeit darin liegt, daß sie alle auf die Öffentlichkeit bezogen sind und Diskussionen sowohl voraussetzen als auch nach sich ziehen. Alle haben ihre Position als Ausstellungskünstler aufgegeben. Das Werk “geschieht” im Verlauf der Arbeit. Kritische Kommunikation ist oberstes Gebot: alles ist in Frage zu stellen und nichts als gegeben hinzunehmen.
Die Herausgeber vermuten die signifikanten Züge der Kunst der neunziger Jahre in der institutionellen Kritik und der Kunst als Dienstleistung. Diese Annahme orientiert die Autoren- und Themenwahl des Readers mit Ute Meta Bauer, Andrea Fraser, Isabelle Graw, Renée Green. Mitte der 90er Jahre war das nicht falsch, aber doch etwas einäugig. Die 90er Jahre waren auch von 1996 aus gesehen von ausgreifender Fülle, die dann die “documenta X” polarisierend ordnete. Die Autoren rücken Kunst und Künstler in eine gesellschaftliche Perspektive und arbeiten an der Erweiterung der Kunst. Von daher wird Kunst so verstanden, wie sie von den Avantgarden verstanden wurde, nämlich als etwas, das anders werden muß,…