Hamburg
Futura
Vermessung der Zeit
Hamburger Kunsthalle 14.01.– 10.04.2022
von Rainer Unruh
Es tropft und tropf und tropft. Das Wasser fließt durch das ganze Gebäude. Vom Dach, wo sich der Regen in Pfützen sammelt, durch Leitungen bis zum Erdgeschoss. Dort tritt der im Wasser gebundene Kalk aus und setzt sich ab. Steter Tropfen erhöht den Stein. Um einen Zentimeter in 100 Jahren. Bogomir Eckers Tropfsteinmaschine gehört zur Galerie der Gegenwart wie die Mona Lisa zum Louvre. In diesem Jahr feiern Maschine und Galerie ihren fünfundzwanzigsten Geburtstag. Für den Künstler und die Kuratorin Brigitte Kölle ein willkommener Anlass, um das Werk im Kontext verwandter Arbeiten zu würdigen.
„FUTURA – Vermessung der Zeit“ heißt die Ausstellung in Hamburg, in der 30 Künstler individuelle Antworten auf die Frage nach den Formen der Zeit formulieren. Einige Arbeiten beziehen sich direkt auf Bogomir Ecker. So wie die Installation von Nina Canell. Die Schwedin hat auf dem Boden dicht nebeneinander ein Becken mit Wasser und ein Paket mit Zement platziert. Dampf steigt über der Flüssigkeit auf, die Ultraschall ausgesetzt ist, und diffundiert in den Baustoff, der langsam immer härter wird. Eine Art Tropfsteinmaschine im Schnelldurchlauf, so Canell.
Mit Ablagerungen, Prozessen der Sedimentation, wie sie für Eckers Arbeit charakteristisch sind, beschäftigt sich auch Katinka Bock. Die in Paris lebende Deutsche hat 40 flache Keramikschalen auf den Boden gestellt. Sie werden regelmäßig mit Wasser begossen. Wenn es verdunstet, hinterlässt es weiße Kalkspuren auf der emaillierten Oberfläche. Eine Meditation über die Vergänglichkeit, über das, was bleibt, wenn die Natur ihren Lauf nimmt, unbekümmert um…