FÜNF KURZINTERVIEWS
AUFGEZEICHNET VON PAOLO BIANCHI
Vera Lutter: Die Dialektik der Fotografie
“Im habe in den hier gezeigten Werken zum ersten Mal eigene Arbeiten wieder verwendet. Ich arbeite mit der Camera obscura und habe damit Fabrikinterieurs und leer stehende Räume aufgenommen. Diese Bilder installierte ich dann im Atelier, damit ich die eigenen Arbeiten abfotografieren konnte, um dadurch fiktionale neue Räume zu kreieren. Indem ich rechts und links der aufgehängten Werke Spiegel platzierte, konnte ich den Raum durch die Reflexion seiner selbst vergrössern. Auf diese Art habe ich eine Verschachtelung von Räumen hergestellt, die ultimativ fiktionaler und nicht existenter Natur ist. In den Bildern tauchen jetzt perspektivische Linien auf, die eine Desorientierung herstellen, weil unklar bleibt, welche Linie nun welchen Raum kreiert.”
Sie erwähnen vor allem formale Aspekte. Geht es Ihnen um das Spiel mit Formen?
“Nein. Es handelt sich nicht um einen formalen Aspekt, wenn ich mich darum bemühe, einen fiktionalen Raum herzustellen. Es geht mir vielmehr um eine Dialektik der Fotografie. Das Abbild des Raumes und den damit verbundenen Bilddiskurs verstehe ich als konzeptuellen Ansatz.”
Arbeiten Sie oft mit dem Medium Spiegel?
“Die Verwendung des Spiegels ist ganz neu. Es ist auch das erste Mal, dass ich eine Situation eigens fürs Fotografieren kreiere, statt einen vorgefundenen Ort zu fotografieren. Die Spiegel erlauben neue Sichtpunkte und brechen den rigorosen Standpunkt der Camera obscura auf. Die Camera obscura besitzt ein sehr rudimentäres perspektivisches Vermögen, sie zeigt bloss einen bestimmten Ausschnitt. Durch die Spiegel vervielfältige ich den Blickpunkt. Mein künstlerisches Fragen bezieht sich auf den Raum.”