Martin Pesch
Full House -Junge Britische Kunst
Kunstmuseum Wolfsburg, 14.12.1996 – 31.3.1997
Vielleicht ist es Zufall. Aber Douglas Gordons Filminstallation “Hysterical” (1995) an den Anfang der Ausstellung “Full House” zu setzen, kann man auch als Anspielung auf die Hysterie sehen, die “Junge Britische Kunst” derzeit in der Kunstwelt auslöst.
Nachdem sich die Saatchi-Collection in London vor einigen Jahren entschloß, in junge Kunst zu investieren und eine Reihe von Absolventen der Londoner Goldsmith-Akademie präsentierte, hat sich eine Szene von um die 30 Jahre alten Künstlerinnen und Künstlern herausgebildet, die sich seitdem vor Ausstellungsangeboten nicht retten können. Unter dem Titel “Brilliant!” tourte 1996 eine Show mit dem Londoner Teil – Glasgow ist ein weiterer lokaler Fixpunkt – durch die USA. Und unter dem Titel “life/live” inszenierten Laurence Boussé und Hans-Ulrich Obrist ebenfalls im letzten Jahr in Paris das Thema mitsamt den in Großbritannien zu dieser Szene gehörenden Artist Run Spaces und Zeitschriften.
Das Kunstmuseum Wolfsburg, finanziell gut ausgestattet und in der Situation, noch mit dem Nimbus des Neuen und Jungen kokettieren zu können, nutzte jetzt die wahrscheinlich letzte Gelegenheit, das Phänomen in großer Breite zu zeigen, bevor unweigerlich der Backlash auf dem Markt und in den Medien einsetzen wird. Und die einzelnen Künstler werden sich wohl auch nicht mehr allzulange vor den Karren des Hypes spannen lassen. Gewieft im Umgang mit Pop und Medien wissen sie am besten, daß ihre Arbeiten untergehen, wenn sie nur noch unter dicken Überschriften kommuniziert werden. Das hat immerhin dazu geführt, daß die Eröffnung in Wolfsburg zu einer munteren Party wurde,…