Köln
Füsun Onur
Retrospektive
Museum Ludwig 16.09.2023 – 28.01.2024
von Annelie Pohlen
„Treffen wir uns am Orient.“ Könnte Füsun Onurs im fragilen Zusammenspiel alltäglicher Dinge chiffrierte Einladung aus 1995 mehr benennen als einen Ort, an dem sich Geistes- wie Naturwissenschaften, Wort- wie Bildpoeten seit Jahrhunderten berauschen?
In engster Nachbarschaft zu ihrer Einladung in die ebenso fragile, indes überwältigend raumgreifende Rekonstruktion ihrer Installation Die dritte Dimension in der Malerei – Tritt ein aus 1982 zieht ein blauer Ballon die in Seide gefasste Erde aus einer Kupferschale in die Höhe. Und verstrahlt so gleich zum Start das mitreißend verwirrende Potential ihrer Bildfindungen für ein Universum, „das niemandem gehört“.
So wie viele Werke der 1938 in Istanbul geborenen Künstlerin entstand Am Orient auf Einladung zu einer spezifischen Ausstellung, im gegebenen Fall zu René Blocks Istanbul Biennale 1995 ORIENT / IERUNG – Die Vision von Kunst in einer paradoxen Welt. Die nahm sie auf die ihr eigene schmunzelnd subversive Weise beim Wort, um der aus dem Westen importierten „Orient / ierung“ ungeniert ihre Bewegung in alle Richtungen einer Welt jenseits verordneter Schubladen vorzuführen.
Ihr Blick auf die sich international aufheizende Kunstmarktszene der frühen 80iger Jahre und deren Folgen in Istanbuls vitaler Kultur Community befeuert ihren unabdingbaren Widerstand gegen alle Formen von Auratisierung. Eben diese sehr besondere Haltung hat so wenig an Brisanz verloren, wie die „Dritte Dimension in der Malerei“, deren zwischen Pailletten an blauen Wollfäden flirrende Imagination von Malerei sich heute wie 1982 erst in der Wahrnehmung des Publikums vollendet.
Füsun Onur zählt wie so viele Künstlerinnen der älteren Generation…