Frühstück in L.A.
von der Ubiquität der Musik
von Christian M. Fischer
Mein großer Bruder war mal ein paar Monate in L.A. Irgendwann Anfang der 1980er Jahre. Als er in seiner ausgewaschenen 501-Jeans, mit weißem T-Shirt (Ärmel hochgekrempelt), in Cowboystiefeln und einem extravaganten Strohhut wieder zurückkam, waren die Meisten ziemlich erstaunt in unserem Städtchen in der süddeutschen Provinz. Er erzählte von Towerrecords, dem Hard Rock-Cafe, und dass er mit dem Schlagzeuger von Tina Turner um die Wette gespielt habe. Tina Turner war zwar weit ab unserer Hörgewohnheiten, aber trotzdem ein Star, und ihr Schlagzeuger ein Profi, und eben aus Los Angeles. Mein Bruder besuchte damals unseren Onkel, der für einige westdeutsche Zeitschriften und Magazine als Korrespondent arbeitete und Klatsch und Tratsch aus der Stadt der Engel über den großen Teich sandte. Zusätzlich moderierte er vor Ort eine deutschsprachige Radiosendung. Seine Plattensammlung umfasste (für uns) unglaubliche fünfzehntausend Tonträger, da er Schallplatten sammelte und durch seine Arbeit regelmäßig mit Neuerscheinungen versorgt wurde. Jedes Mal, wenn mein Onkel zu Besuch kam, brachte er uns Langspielplatten und Maxisingles mit. Da waren eine Menge Ausschussware und minderwertige Pressungen dabei, allerdings auch einige Perlen. Durch jene Perlen wurde mein Bruder in unserem überschaubaren Kirchspiel gelegentlich zum Trendsetter. Denn das die Musik direkt aus den USA kam, war für uns damals bereits ein Indiz für Qualität. Es schien als sei populäre Musik aus Amerika irgendwie innovativer, während die Deutschen einfach kopierten. New York hatte das CBGB und L.A. das Whisky a Go Go. In Hamburg hatte der Starclub bereits…