Fried Rosenstock: Milchfüße
Installation und Performance Moltkerei/Köln, 12.3.; Schönstraße/Hamburg, 14.3.
Collagierte Klaviermusik (von Brahms bis Keith Jarret) ertönt vom Band, ein aufgeklappter Flügel steht im Raum, auf den Tasten ein Stock in Form eines Krummstabs, senkrecht dazu in einiger Entfernung eine weißliche Lache, in der alte orthopädische Fußformen und Prothesen stehen. Das Licht geht aus, im Dunkeln glimmern nur der Krummstab (jetzt in halber Körperhöhe schwebend) und die Lache, in die die Fußumrisse als dunkle Löcher eingestanzt sind. Der Künstler schwebt als phosphorisierende Hülle in den Raum; er wird von zwei Helfern getragen und liegt auf einer spiegelnden Metallplatte. Füße und Gesicht sind nicht sichtbar, aber Körper, Hut und Hände (Handschuhe) verdoppeln sich in der spiegelnden ‘Auflage’. Schwebezustand, Körperlosigkeit und Schweigen verweisen auf ‘Isolation’ und ‘Hilflosigkeit’ des Künstlers. Die Performance wird zum symbolisierenden ‘lebenden Bild’, des Künstlers Auftreten zu einer – fast imaginären – Episode in der Installation. Anschließend kann das Publikum auf einem hektographierten Zettel drei mögliche, ironisierend kunstkritische, Interpretationen nachlesen.
Seit zwei Jahren arbeitet der nahe Florenz lebende Fried Rosenstock mit dem durch phosphorisierende Kleidung entmaterialisierten Künstler-Körper, mit literarischen Texten, mit Tonbändern und symbolistisch aufgeladenen Gegenständen. In ‘Milchfüße’ entsteht eine Aura aus bürgerlichem Repräsentationsgebaren ((Flügel/Klaviermusik), abgehobenem Religions-Ritual Krummstab als Hirten-Werkzeug und kirchlicher Zeremonienstab), erotischem Fetischcharakter und körperlicher Gebrechlichkeit (Füße/Prothesen).
Heinz Thiel