Hajo Schiff
Fresh air smells funny
Kunsthalle Dominikanerkirche, Osnabrück, 26. 1. – 30. 3. 2008
Street Art im White Cube, sogar unter gotischen Gewölben – geht das? Wenn man eine Kunstsparte nicht nur auf ihre wildesten schon seit 30 Jahre praktizierten illegalen Aktivitäten festlegen will, ist es durchaus reizvoll, an einem Ort die Breite dessen vorgeführt zu bekommen, was aus dieser Szene heraus an Kreativität entwickelt wird. Der Kurator Rik Reinking, der als Sammler, Kunsthändler und Kunstprojektentwickler etwas verwirrend auf vielen Ebenen der Kunst zugleich agiert, hat in die Osnabrücker Kunsthalle eine solche Vielfalt gebracht, dass sich weniger die Frage stellt, ob das dorthin gehört, als vielmehr, wie denn der Begriff der Street Art einzugrenzen wäre. Vom in der Szene lange schon berühmten Hamburger DAIM (Mirko Reisser) mit seinen diesmal weder freihändig noch abgeklebt gesprühten, sondern – ganz ohne Lösemittelverschwendung – gleich mit verschieden Tapes in tagelanger Arbeit geklebten Buchstabenexplosionen bis zum legendär geheimnisvollen Briten Banksy, vom US-Amerikaner Mark Jenkins mit seinen angeödet herumsitzenden hohlen Kapuzenfiguren bis Boxi mit seinen Trompe-l’oeil-Inszenierungen haben manche der 16 Künstler aus Deutschland, Großbritannien, Frankreich, USA und Brasilien eine unmittelbare Geschichte als Sprayer, andere arbeiten inzwischen malerisch, dreidimensional oder mit Interventionen in den öffentlichen Raum ganz ohne Spraydose.
Wenn allerdings der 1969 geborenen Vitché aus Brasilien einen Mulchkreis streut, ein Stück Holz mit einer blutenden Wunde in die Mitte stellt und das Ganze im ehemaligen Chor einer Kirche mit afro-baianisch beeinflussten Fundholz-Kitsch umstellt, so hat das gewiss viel mit der Sehnsucht der grünen Bewegung in der 20-Millionen Stadt…