Hannover
Franziska Stünkel
Coexist, Part 5, America
Galerie Robert Drees 25.01. – 13.06.2020
von Michael Stoeber
Das Phänomen nimmt sie zum ersten Mal bewusst in 2009 wahr. Da ist Franziska Stünkel in Shanghai, um ihren Spielfilm „Vineta“ vorzustellen. In ihrer freien Zeit streift die 1973 in Göttingen geborene Fotokünstlerin, Drehbuchautorin und Filmemacherin neugierig durch die Stadt. Plötzlich sieht sie verblüfft, wie sich in einer Glasscheibe vor ihr das Geschehen auf der Straße spiegelt und mit dem Bild des Interieurs dahinter eine surreale Symbiose eingeht. Wie in einer filmischen Überblendung werden beide Bilder zu einem. Zwar ist die komplexe Komposition der Gnade des Zufalls geschuldet, aber ohne das aufmerksame Auge und den empfindsamen Geist der fotografierenden Künstlerin wäre sie nicht in der Welt.
Stünkel ist fasziniert von dem Bild, in dem sich zwei Wirklichkeitsbereiche anregend miteinander verbinden. Oder in ihrer Terminologie: „koexistieren“. Fortan konzentriert sie sich in ihren Fotoarbeiten auf solche Spiegelungen, die sie stets findet – nicht inszeniert und auch nicht am Computer bearbeitet.
In den folgenden Jahren nimmt sie unter dem Obertitel „Coexist“ ähnliche Bilder in Europa, Asien und Afrika auf. Nun ist zu den vorhandenen vier Werkserien eine fünfte hinzugekommen: Fotografien aus Amerika, entstanden 2019 an der Ostküste der USA, vor allem in New York und Florida. Gezeigt werden sie in der hannoverschen Galerie Robert Drees, die das Werk der Künstlerin schon lange begleitet.
Zwei Wirklichkeitsbereiche führt auch die Metapher zusammen, wobei ihre Synthese zu einem gemeinsamen Dritten führt. Umso ungewöhnlicher und neuartiger diese Zusammenführung ist – Aristoteles, ein früher Analytiker des Sprachbildes, spricht…