Andreas Denk
Franz Graf
Bonner Kunstverein, 7.3. – 7.5.1995
Franz Grafs Installation im Bonner Kunstverein ist ein Meisterwerk der Präzision. Seine bei der steten Verwendung von Ornamenten fast konstruktivistische graphische Schärfe, die pointierte Darstellung des Weglassens, der Reduzierung auf Weniges, des Freilassens und des gezielten Intervenierens wird nicht nur im Raum, sondern sogar im Katalog deutlich, der zur Hälfte aus weißen Seiten besteht.
Die symmetrische und gleichzeitig komplexe, viele Durchblicke und Perspektiven ermöglichende Raumordnung des Kunstvereins hat der in Wien lebende Graf (geb. 1954) perfekt verschliffen: “WOL DA HIN WIE DEM ZU MUTE IST” beginnt ein Fries aus Textfragmenten, der sich in der gesamten großen Halle ausdehnt. Eine zweite Werkgruppe umfaßt hochrecht- eckige Acrylbilder, eine dritte Graphit- und Tuschearbeiten auf Transparentpapier hinter Glas. Ebenfalls hochrechteckige, in der Mitte geteilte Stahlgestelle auf quadratischem Grundriß, deren Seiten und Böden mit bemalten Glasplatten oder Tusche-, Graphit- und Photoarbeiten hinter Glas ausgefüllt sein können, erweitern das Konzept ins Räumliche. Graf arbeitet ausschließlich mit Schwarz, Weiß und Grautönen.
Die Installation bringt die kosmische Idee des Künstlers auf den Punkt: Formal prägendes Mittel und somit Ordnungsfaktor erster Kategorie ist zunächst das mehrfach unterbrochene Band der umlaufenden Textfragmente. Deren inhaltliche Beziehung untereinander erschließt sich weder im Umhergang noch im collagierenden Zusammendenken. Außer dem offenbar mittelhochdeutschen Ursprung läßt sich nur ein allgemeiner Zusammenhang zum menschlichen Handeln konstatieren. Doch wirken die stets in gleicher Höhe angebrachten versalen Schriftzüge auch als Proportionsdefinition, die Raum- und Kojenwände in einem bestimmten Maßverhältnis gliedert. Diesen “ordo primo” formal linearer, inhaltlich offener und frei zueinander kombinierbarer Begriffssammlungen durchbrechen…