Max Glauner
Franz Gertsch
»Jahreszeiten. Werke 1983 bis 2011«
Kunsthaus Zürich, 10.6 – 18.9.2011
In einem Interview mit dem Schweizer Magazin Du monierte der Berner Maler und Altmeister des großformatigen Hyperrealismus Franz Gertsch: „Wenn ein Bild keinen spirituellen Hintergrund hat, hat es kein Geheimnis, keine Magie, keine Seele.“ Das war vor drei Jahren. Damals entstand das annähernd drei Mal fünf Meter große Gemälde Herbst, der Auftakt zu einem monumentalen Jahreszeitenzyklus, der mittlerweile abgeschlossen, als pikturales Vermächtnis des nunmehr Einundachtzigjährigen gelten kann.
Einen Sommer lang sind Gertschs Frühling, Sommer, Herbst und Winter im Zürcher Kunsthaus im Verein mit ebenso beeindruckend großformatigen Holzschnitten und jenen hermetischen Frauen-Portraits zu sehen, die ihn bekannt, ja populär gemacht haben: So blicken Johanna und Silvia I – III auf vier Räume verteilt auf die vier sechzehn Quadratmeter großen Jahreszeiten-Bilder, die nahezu denselben Ausschnitt eines unspektakulären Waldstücks mit Hanglage und Saumweg wiedergeben. Die Frage nach dem „Spirituellen“ lässt sich hier noch einmal trefflich stellen, zumal der Term aus dem romantisch-idealistischen Begriffsrepertoire nach Gertschs eigenem Bekunden ins Zentrum malerischer Qualitätskriterien führt. So habe sein grafisch-zeichnerisches Geschick von Anfang an den „geistigen Hintergrund“ seiner fotorealistischen Arbeiten gebildet. Dieser wird nicht nur produktionsästhetisch in Anspruch genommen. Er bildet auch den rezeptionsästhetischen Horizont ab: „Es kommt auf die Empfänglichkeit des Betrachters an, eben auf die meditative Vertiefung.“
Doch wie ist der „spirituelle Hintergrund“ in der Zürcher Jahreszeiten-Malerei spürbar und präsent? Kann man überhaupt mit Fug von einem solchen sprechen? Der erste Gang durch die vier Räume überrascht, Landschaftsmalerei, aber keine Weite, statt dessen Gehölz und…