Heinz Thiel
Franz Erhard Walther – “Ich bin die Skulptur”
Wandformationen und Zeichnungen 1978-1985
Kunstverein Braunschweig, 17.4. – 1.6.1986
»Nahezu von Anfang an lag mein Interesse näher am Prozessualen der Werke denn deren festen Form.« – Franz Erhard Walther stellt diesen Satz in seinem jüngsten Ausstellungskatalog an die Spitze einer Selbstaussage zum »anderen Werkbegriff«.
Am »Prozessualen« und am »anderen Werkbegriff« bei Franz Erhard Walther ist kein Autor, kein Gesprächspartner und kein Rezensent vorbeigegangen. Eine Auseinandersetzung mit seinem Werk ist zwangsläufig eine Auseinandersetzung mit seinem Werkbegriff gewesen. Vergleichbar im deutschen Kunstraum wohl nur mit Beuys hat F. E. Walther seine Kunst mit seinem Kunst begriff durchgesetzt. Auseinandersetzung war durch die allgegenwärtige Theorie in erster Linie die Übersetzung der »neuen Begrifflichkeit« durch Umformulierung, Erläuterung, gedanklichem und sprachlichem Nachvollzug. Denn was der Künstler formuliert und fordert, den handelnden Vollzug mit den bereitgestellten Werkteilen nämlich, haben wohl nur die wenigsten Autoren erlebt. Auseinandersetzung ist deshalb weitgehend ein theoretischer und nicht ein sinnlicher Nachvollzug gewesen. Rezensorischer Nachvollzug verleitet zur Theoretisierung eigener und allgemeiner Sinnlichkeitserfahrung. Die Vorgaben des Künstlers sind so eingängig und so zeitkongruent (für die 60er und 70er Jahre), daß derjenige, der sich schreibend der Kunst nähert, nicht nur zufrieden ist, weil er auf eine ihm entsprechende Formulierung zum Sein der Kunst trifft, sondern die zusätzliche Materialisation der Kunst-Idee als einen überaus wichtigen Gewinn empfindet. Man fühlt sich mit dem Künstler einig und verbunden und beläßt es deshalb bei einer theoretischen Überprüfung. Die »Kunst« von Franz Erhard Walther (in seinem Sprachgebrauch: die Werkteile) kann also auch im…