Michael Hübl
Franz Erhard Walther
»Die Bilder sind im Kopf«
Kunsthalle Vogelmann, Heilbronn, 11.9. – 20.11.2011
Wann ist ein Kopf ein Kopf? Genauer: Wie viel an grafischem Aufwand ist nötig, um den visuellen Eindruck eines grafischen Gebildes zu erzeugen, das an einen menschlichen Kopf erinnert? 1959 – das war das Jahr, in dem er 20 wurde – hat Franz Erhard Walther eine lapidare Antwort auf diese Frage gegeben. Mit einer Zeichnung, die auf querliegenden Schraffuren basiert. Sie genügen, um die Form von etwas zu umreißen, das ein Kopf sein könnte; wie bei einem Scherenschnitt. Am rechten Rand der stark abstrahierten Kopfform hat Walther eine weitere, leichtere Schraffur hinzugefügt, während er an anderer Stelle auf das schraffierte Gebilde eine zweite Schicht legt; mit ihr wiederholt er die Grundform, die jetzt allerdings auf etwa eine Viertel ihrer Größe zusammengezurrt ist. Der Zweck dieser An- und Überlagerungen ist evident: Sie erzeugen eine visuelle Spannung, die es ermöglicht, die kopfartige Form nicht nur als plane Fläche (die sie realiter ist), sondern als dreidimensionalen Körper zu sehen und zu denken. Der angehende Künstler nutzte für seine Darstellung die Hell-Dunkel-Perspektive, die zu der Annahme verleitet, das zart Gezeichnete liege hinten und das fett Schraffierte vorn. Das war nichts Ungewöhnliches, der Effekt ist spätestens seit dem Barock oder seit der Romantik bekannt. Die Besonderheit des Blattes manifestiert sich in der Beschaffenheit der dunklen Schraffur. Sie weist eine derartig kompakte Dichte auf, dass sie als habhafte Materialschicht auf dem Papier steht.
Die Dreidimensionalität ist jetzt nicht mehr optische Täuschung, sondern basiert…