MARTIN BLÄTTNER
Franz Ackermann
“Eine Nacht in den Tropen”
Kunsthalle Nürnberg, 17.4. – 15.6.2003
1. Der politische Protest
Wenige Stunden vor der Eröffnung am 16. April überpinselte Franz Ackermann noch schnell eine Wand der eben frisch renovierten Kunsthalle. Mit schwarz gemalten Großbuchstaben – die wie ein Menetekel aussehen – kommentierte er den Feuilleton-Artikel der Süddeutschen Zeitung (vom 14. April, er ist lose an der Wand befestigt) zur Plünderung des Nationalmuseums in Bagdad:
KEIN GLÜCK ALLEIN / UND IHR MARSCHIERT/IHR MARSCHIERT / ALLEIN UND IHR MARSCHIERT/DEMONSTRIERT WAS IHR WOLLT / KONTROLLIERT WAS IHR KÖNNT / GLAUBE AN NICHTS IST / GLAUBE AN NICHTS IST / AN NICHTS IST / SCHÄMT EUCH EINFACH BIS ANS ENDE EURER BESCHISSENEN TAGE
Auf wen auch immer dieses monumentale Pamphlet anspielt (auf die Plünderer, auf die Friedensdemonstranten, auf die Invasionstruppen?) – inmitten der vielschichtigen Installationen, die “eine Nacht in den Tropen” versprechen, wird der Wahrnehmung der Tagespresse aktuelle Bedeutung beigemessen. Die Ereignisse holen die Visionen des Künstlers ein.
2. Die vernetzte Welt
Kein Werk des Prozesskünstlers Ackermann kann isoliert betrachtet werden. Die kräftig leuchtenden Farbkugeln des Neopop auf dunklen Hintergründen sind mit den nüchternen Modellbauten, die verschiedene Erdteile in Tourismus-Zonen aufteilen, ebenso vernetzt wie der Globus selbst, der im Zentrum der Ausstellung als überdimensional großer Leuchtkörper mit unzähligen Glühbirnen zur wichtigsten Metapher dieser Thematik avanciert. Die ausgesägte Silhouette des Künstlers hängt vor dieser Lampe (“Faceland”). Sein gesellschaftskritisches Konterfei verweist hier auf eine neoliberale Weltordnung: Markt und Macht regieren die Welt. Im Raum daneben wird ein Selbstportrait in Dürer-Manier mit einem pulsierenden Liniengeflecht in…