Reinhard Ermen
Frank Stella. Die Retrospektive
Haus der Kunst, München, 10.2. – 21.4.1996
In 75 Gemälden, Reliefs und Plastiken wurde in München das Werk Frank Stellas ausgebreitet. Kontrapunkt zum Großereignis waren “Les Amis de la Nature”, also “Corot, Courbet und die Maler von Barbizon”, eine lexikalische Übersicht zu einem Kapitel der französischen Landschaftsmalerei im 19. Jahrhundert. Kontraste wie diese sind seit einiger Zeit im Haus der Kunst Methode. Folgen sollen von Mai bis August “Die Russische Avantgarde. Sammlung Costakis” und im ergänzenden Kontrast dazu: “UMBO” (= Otto Umbehr) “Vom Bauhaus zum Bildjournalismus”.
Frank Stella, 1936 in Massachusetts geboren und jetzt erst (seit dem 12. Mai) 60 Jahre alt, hat noch heute etwas von einem Wunderkind (vielleicht auch von einem Klassenprimus) als das (der) er 1958/59 in die amerikanische Kunstgeschichte eintrat und schon bald (1970) durch eine erste Retrospektive im Museum of Modern Art anerkannt wurde. Seine schwarzen Streifenbilder, die in ihrer geometrisch ornamentalen Nüchternheit gegen den vorherrschenden abstrakten Expressionismus opponierten, dem sie gleichzeitig doch sehr viel verdankten, haben ihm blitzartig solche Aufmerksamkeit verschafft, die anhält, erleuchtet von dem milden Licht, das einem Klassiker gebührt. Kurz vor seinem spektakulären Einstieg war er noch ein Mann unter dem gleichzeitigen Einfluß etwa von Mark Rothko und Jasper Johns, Anregungen, die er souverän und gefühlvoll in sich aufsog, um dann mit einer Art Quantensprung zu den “Black Paintings” seiner Streifenbilder zu gelangen, von denen aus er konsequent weitere Serien entwickelt. Denn Stella arbeitet, denkt in Serien, in ‘Ein- bis Zwei-Jahresplänen’, deren Möglichkeiten ertastet und ausgereizt werden, um…