FABIAN STECH
Francis Picabia
Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris, 16.11.2002 – 16.3.2003
Im Musée d’Art Moderne de Paris belegt eine von Suzanne Pagé und Gérard Audinet kuratierte Ausstellung, dass Picabia lebendiger ist denn je. Für die Ausstellung “Lieber Maler, mal mir…”, die aus dem Centre Pompidou über die Kunsthalle Wien in die Schirn Kunsthalle Frankfurt zog, wo sie vom 15. Januar bis zum 6. April 2003 zu sehen sein wird, stand er mit seinen “Nackten” ebenfalls Pate. Sara Cochran hatte nachgewiesen, dass ein Großteil dieser Bilder auf fotografischen Vorlagen aus erotischen Zeitschriften der 40er Jahre basierte. Anstatt sich jedoch mit dem mechanischen Kopieren zu begnügen veränderte Picabia Details und verschmolz verschiedene Vorlagen zu einem neuen Bild. So stützt sich die kokette Dame mit Strumpfhaltern in seinem Gemälde “Femme à l’idole” nicht mehr auf einen Arzt in weißem Kittel, sondern auf eine schwarze Totemfigur unbekannter Herkunft. Ganz nebenbei führt er den Körperkult dieser Jahre ad absurdum. Der Gebrauch von Zitaten und Vorlagen diente Picabia in Malerei, Poesie und Film als Methode. Aus dieser Methode resultieren nicht nur die Ironie und der Humor, sondern mit ihnen auch der Abstand zu Inhalt und Form, der so vielen zeitgenössischen Künstlern Vorbild ist.
“Muss nicht derjenige, welcher die Massen bewegen will, Schauspieler seines eigenen Ichs sein?” paraphrasiert Picabia noch 1951 in seinem letzten Brief Nietzsches Aphorismus 236 aus der fröhlichen Wissenschaft. Ständig produzierte er seine Bilder mit Blick auf die Auflösung des ganzheitlichen Subjektbegriffs in der Moderne. Nietzsches Perspektivismus mündet bei ihm in die Kaleidoskopien…