Reinhard Ermen
Francis Alys: Fabiola
Präsentiert vom Schaulager im Haus zum Kirschgarten, Basel, 12.3. – 28.8.2011
Lange war Fabiola eine vergessene Heilige. Die römische Patrizierin hatte sich im 4. Jahrhundert die Wiederaufnahme in die christliche Gemeinde durch Buße, Pflege von Alten und Kranken sowie durch Almosen und Demut verdient. Dabei war sie nach der Trennung von ihrem (nichtsnutzigen) Gatten und die erneute Heirat eigentlich eine Ehebrecherin. Der Kirchenvater Hieronymus, mit dem sie auch im Briefwechsel verkehrte, hat ihre gottgefälligen Taten 399 kurz und bündig gepriesen. 537 wurde sie heilig gesprochen. Misshandelte Frauen, Geschiedene und Krankenschwestern suchen ihren schützenden Schatten, doch blieb sie eine unauffällige Heilige, der wahrscheinlich nie eine Kirche geweiht wurde; ohnehin war sie irgendwann fast vergessen. Erst Kardinal Wiseman (1802 – 1865), der sich um die Reorganisation der katholischen Kirche in England verdient gemacht hat, entdeckte sie wieder und beschrieb ihr Leben in einem herzergreifenden Roman: „Fabiola oder die Kirche der Katakomben“. Der Welterfolg des 1854 erstmals erschienenen Buches hat das Bedürfnis nach einem verbindlichen Bild der wiedererweckten Heiligen beflügelt. 1885 war es endlich da, gemalt von Jean Jacques Henner (1929 – 1905) im Auftrag der amerikanischen Sammlerin Mary J. Morgan. Vier Jahre später wurde es auf der Pariser Weltausstellung gezeigt, zahllose Kopien und Reproduktionen verbreiteten es überallhin, wo katholische Erde von heißen BüßerInnentränen benetzt wird; aber nicht nur da.
Jetzt tritt Francis Alÿs (*1959) auf den Plan. Auf der Suche nach handgemalten Kopien aus dem Fundus der Kunstgeschichte, mit denen sich eine Sammlung aufbauen ließe, stieß der Flaneur in den…