Wien
Fragile Schöpfung
Dom Museum 01.10.2020–03.10.2021
von Gudrun Ratzinger
Einige wenige Kunstwerke sind derart zueinander positioniert, dass zentrale Fragen zur Beziehung zwischen dem Menschen und die ihn umgebende Natur aufgeworfen werden – der Auftakt der Ausstellung „Fragile Schöpfung“ im Dom Museum Wien ist überaus pointiert. Eine „Sacra conversazione“ von Alessandro Araldi aus den 1510er-Jahren zeigt Maria mit dem Jesusknaben in Gesellschaft des Hl. Franziskus vor einer idealtypischen Flusslandschaft. Das Renaissancegemälde verweist auf Vorstellungen der prekären Existenz des Mensch gewordenen Gottes und damit auf die grundlegende Verwundbarkeit der Menschheit.
Mark Dions Installation in unmittelbarer Nachbarschaft mit dem Titel „Nursery“ (2007) weitet die Notwendigkeit des Sich-Kümmerns auf die Pflanzenwelt aus: In einem altmodischen Kinderwagen befinden sich an Stelle eines Kindes Topfpflanzen. „Nursery“, im Englischen sowohl ein Raum für Kinder als auch ein Ort, an dem Pflanzen aufgezogen werden, wird so zu einem Bild dafür, dass Natur in unserer Gegenwart nicht einfach gegeben ist, sondern – da jahrhundertelang kultiviert und bedrängt – unserer Fürsorge bedarf. Die beiden ungleichen Werke entfalten miteinander kombiniert einen Dialog, bei dem es nicht nur darum geht, welche Rolle der natürlichen Umwelt in christlich bzw. westlich geprägten Vorstellungen zugewiesen wird, sondern auch welche Konzepte von Zukunft vorherrschen oder wie für den Fortbestand der Menschheit unerlässliche Erfordernisse wie Zuwendung und Reproduktionsarbeit ins Bild kommen können.
Kombinationen von alter Kunst mit Werken der Gegenwart ziehen sich durch die gesamte Ausstellung. Sie fundieren die für uns und unsere unmittelbare Zukunft zentrale Frage der Begrenztheit unseres Planeten mit historischen Zugangsweisen zur Natur, ohne dabei eindeutig Position zu…