Fragen an Franco Toselli
Mailand, Januar 1980
M.G.: Was hat Dich dazu bewegt, Deine Galerie aufzumachen?
F.T.: Stell Dir vor, Du willst schreiben und hast ein Blatt Papier vor Dir liegen. Plötzlich kippt die Tinte um. In dem Moment verstehst Du, daß die Tinte auch etwas anderes ist. Das Geschehen hat einen unvorhergesehenen Weg genommen. Etwa dasselbe ist in der Kunst durch die Arbeit passiert, von der Geschichte zur Verwirklichung, zum Zeitgenössischen. M.G.:Wie würdest Du Deine Position im Kunstleben in Italien und Deine Beteiligung daran benennen?
F.T.: Ich nehme teil, indem ich mit dem Hammer auf den Nagel schlage (und treffe), hur leider sind die Wände undurchdringbar.
M.G.: Als Deutscher fällt mir das Fehlen öffentlicher Institutionen für die lebende Kunst in Italien auf. Impliziert das nicht ein ideologisches und ökonomisches Engagement der italienischen Galeristen?
F.T.: Die öffentlichen Strukturen haben eine Vorstellung von der Kunst, aber die Kunst hat keine von den Institutionen. Die Kunst trägt das Gewicht der Ideologie mit sich. “Objet cache toi” (Objekt versteck Dich”, Neonschrift auf einem Erdiglu von Mario Merz, 1969) hat das Gewicht des Objekts und das Gewicht der Ideologie, ist sofort realisierte Utopie, existiert nicht als Vorstellung, existiert nur als Verwirklichung.
Der wirtschaftliche Teil ist ein Problem für mich. Als Autonomer (Linksradikaler in Italien, links von den Kommunisten) erinnert mich das immer an eine bekannte Person des l 8. Jahrhunderts, die sich immer duellieren muß; Du arbeitest bis zum letzten Duell, aber immer nur in den Intervallen.
M.G.: Hältst Du die Kunst für nützlich oder ist sie für Dich Luxus?
F.T.: Die Kunst…