Peter Funken
Fotografie Radikal
RUDOLF BONVIE, INGO GÜNTER, OTTMAR HÖRL
KUTSCHERHAUS, BERLIN, 12.1.-15.2.1990
Fotografie Radikal” ist der Titel einer Ausstellung, die Kurator Karlheinz Schmid in den Räumen des Kutscherhauses organisierte. Die drei vorgestellten Künstler – Ottmar Hörl, Rudolf Bonvie und Ingo Günter – verwenden das fotografische Medium nicht als reines Abbildungsverfahren, sondern suchen in der Fototechnik einen adäquaten Ausdruck für ihre bildnerischen und konzeptualistischen Vorstellungen. Die Fotografie erweist sich dabei – und dies verdeutlicht die Ausstellung – als ein Verfahren der Bildproduktion, das in der Lage ist, sich den gesellschaftlichen Problemen und subjektiven Anforderungen in neuer, analytischer und kohärenter Methode zu nähern. Es fällt auf, daß die Künstler ihre Werke in Korrespondenz – im Zusammenspiel oder der Auseinandersetzung – mit einem anderen technischen Prinzip entwickelt haben: Ottmar Hörl benutzt für die Ablichtung seiner Fall- und Fahrsequenzen, neben dem Fotoapparat, Flugzeuge und Autos. Ingo Günter geht bei seinen Licht-Bildern von hochauflösenden Satellitenaufnahmen aus, und Rudolf Bonvie verwertet in der Serie “Rhapsodie nucléaire” die martialisch-brutale Architektur von Atomkraftwerken als Auslöser für seine Bildmontagen.
Ottmar Hörl (geb. 1950) zeigte im Kutscherhaus zwei großformatige Fotosequenzen, die 1988 entstanden. “Sightseeing” ist ein Foto-Bild, das aus 24 in drei Reihen gehängten Schwarz/weiß-Abbildungen besteht. Die Aufnahme von Landschafts- und Luftaufnahmen Süddeutschlands stellte Hörl her, indem er fünf automatische Kameras aus einem Sportflugzeug warf. Die Fotos haben die Chronologie des freien Falls festgehalten. Die Serie beginnt mit zwei Bildern, die noch im Flugzeug entstanden, und endet mit Aufnahmen kurz vor dem Aufprall. So ergibt sich eine von links nach rechts lesbare Text-Struktur,…