Zur Ausstellung
Fotografie, Geduld und Langeweile
im Goethe-Institut Paris, in drei Teilen, vom 6. 3. bis 13.6. 1985
In Paris fand in diesem Frühjahr eine merkwürdig introvertierte Fotoausstellung unter dem Titel »Fotografie, Geduld und Langeweile« statt. Dem vom Jardin de Luxembourg an der Dépendance des Goethe-Instituts in der rue de Condé vorbeischlendernden Spaziergänger boten sich schemenhaft befremdliche Bilder in den Fenstern der kleinen Avantgardegalerie: eine Versammlung offizieller Fotografien westdeutscher Staatsoberhäupter beispielsweise – wie eine Art Superzeichen -, daneben Fahndungsplakate aus deutschen Landen, dazu kleine, beschaulich-gemütliche Arrangements wie etwa »Fotografenfrühstück« oder »Arbeiter im Himmel«.
Die drei Ausstellungsmacher Rolf Lobeck, Renate Heyne und Floris M. Neusüss ließen es sich darüber hinaus nicht nehmen, sich selbst auf einem in vertrauensvoller Zusammenarbeit mit dem BKA entstandenen Fahndungsplakat in neunfacher Ausfertigung darzustellen. Was zunächst wie eine Mischung aus grobem Unfug und akribischer, fotografischer Sammlerleidenschaft aussieht – mit dem Ziel der Touristenverschreckung – entpuppt sich hei näherem Hinsehen als durchaus ernstgemeinter Vorschlag, die Fotografie von ihren überholten Bedeutungszusammenhängen zu erlösen, die Bilder sich gegenseitig mit assoziativer Behutsamkeit aufheben zu lassen und mit dem Zufall zu vernetzen und zu verkabeln. Dabei unterlief den Künstlern – was wohl mit ihrer Lehrtätigkeit an der Kunsthochschule in Kassel zusammenhängen mag – der folgenschwere Fehler, Undidaktisches zu didaktisch, um nicht zu sagen: deutsch zu präsentieren. Die fotografische Anarchie, das losgelöste Sehen und Lesen der Bilder, erscheint als geordnetes, quasi bedeutsames Nebeneinander von Durcheinander.
Pionierarbeit leisteten die Veranstalter im Detail. Wer hat schon in solch eindeutiger Weise einen thematischen Schlußstrich unter die deutsche Plakatkultur gezogen, indem…