Kathrin Meier-Rust
Forscht Afrika?
Kritik der Wanderausstellung »africa Explores:
20th Century African Art« (new York 1991)
Nach Auskunft von Susan Vogel, der Direktorin des Center for African Art in New York, demonstriert die Wanderausstellung “Africa Explores”* die bis heute ungebrochene Vitalität der traditionellen Kunst Afrikas, die gegenwärtig mit einer zutiefst afrikanischen modernen Kunst koexistiert. Die Ausstellung stellt zwei verbreitete Fehlannahmen über die afrikanische Kunst des 20. Jahrhunderts in Frage: nämlich erstens, dass die traditionelle Kunst dieses Kontinents einer ruhmreichen, allerdings ausgestorbenen Kultur angehört; und zweitens, dass es in Afrika keine eigenständige moderne Kunst gibt, sondern lediglich einen Abklatsch moderner westlicher Kunst. “Africa Explores” verfolgt das nicht unbescheidene Ziel, die verschiedenen Entwicklungslinien der afrikanischen Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts in eine ihnen allen gemeinsame Perspektive zu bringen und die Kunstwerke in ihrem eigenen entschieden afrikanischen Kontext zu untersuchen, d. h. vor dem Hintergrund der sozialen und politischen Bedingungen, unter denen sie entstanden sind. Die Ausstellung zeigt ausserdem, dass Afrika im 20. Jahrhundert von seiten des Westens zwar wichtige Anregungen empfangen hat, dass aber die westlichen Ausdrucksmittel und Ideen lediglich der Matrix bereits existierender afrikanischer Kunststile und -philosophien als Elemente eingefügt worden sind. Kathrin Meier-Rust hat sich die Ausstellung in New York und den Katalog angeschaut wie auch ein begleitendes Symposium zum Thema besucht.
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“Africa Explores” (Afrika forscht) – schon der Titel der grossen Ausstellung des Center for African Art in New York zur afrikanischen Kunst des 20. Jahrhunderts provoziert: Mit einem einzigen Buchstaben, mit dem aktivierenden s in “explores” statt des gewohnten passiven “explored”, dreht…