Doris von Drathen
Formalhaut
Galerie Kunst und Architektur, Hamburg 26.9.-26. 10. 1986
Sie wollen die skulpturale Abstraktion in der Architektur und in der Bildhauerei; sie suchen nach der absoluten formalen Strenge; sie unterziehen ihre Arbeiten gegenseitig einer harten Kontrolle und prüfen Zentimeter für Zentimeter auf Konsequenz. Der Bildhauer Ottmar Hör! und die beiden Architekten Gabriela Seifen und Götz Stöckmann arbeiten in einem gemeinschaftlichen Atelier und firmieren partnerschaftlich als »Formalhaut«.
Mit diesem Namen erinnern sie einerseits daran, daß Architektur im ursprünglichsten Sinn eine gebaute Haut ist, andererseits machen sie eine universal geltende Beobachtung bewußt: »Es gibt keine Form ohne Haut«.
Seit dem Begin des Jahres 1985 arbeiten Hörl, Seifert und Stöckmann zusammen. In dieser Zeit sind mehrere skulpturale und architektonische Projeke entstanden. Die skulpturalen Arbeiten sollen die architektonischen Planungen begleiten, weil die nicht zweckgebundenen Projekte die Möglichkeit bieten, in völlig ungeläufigen Situationen Erfahrungen zu sammeln, für die es sonst keine Anlässe, wohl aber Verwertung gibt.
Zum Beispiel: das Kuhprojekt. Eine Kuhherde steht in Kästen von Wellplexiglas, deren Größe dem Volumen einer Kuh entspricht. Die Kühe schauen alle in dieselbe Richtung.
Die Arbeit ist als Photographie dokumentiert. Hörl, Seifert und Stöckmann hatten Bewegungsabläufe einer Kuhherde auf der Weide beobachtet und festgestellt: Die Kühe stehen immer gleich gegen die Windrichtung, sie verharren stundenlang auf demselben Standort. Mit den transparenten Gehäusen markieren sie diesen Standort und die Gerichtetheit der Kühe, beschreiben mit einfachsten Mitteln den Raum, den eine Kuh ausfüllt; das natürliche Bild wurde mit einem künstlichen überlagert, der Eindruck des Augenblicks in eine ästhetische Fixierung überführt, die durchaus kritische…