Relektüren
Folge 84
Rainer Metzger
In Karl Schlögels enzyklopädischer Kulturgeschichte der USA, American Matrix aus dem Jahr 2023, findet sich neben Kapiteln zum Greyhound-Bus und zu den Highways, zu Diego Riveras Engagement im Rockefeller Center oder zu den Betriebsamkeiten auf dem Uni-Campus auch ein Abschnitt über American Manners. Es geht also um die ortsüblichen Manieren, und die sind, sagt Schlögel per Zwischentitel, geprägt von Civility: Höflichkeit. In der Anmerkung 14 gibt es dazu einige Literaturhinweise, die durchaus obligatorisch scheinen, auch wenn sie nicht unbedingt von den Sitten in Übersee handeln: Neben dem Knigge wird vor allem auch das Buch empfohlen, dem diese Relektüre gilt.
Wie himmelschreiend Zivilität in den USA gerade außer Kraft gesetzt ist, konnte letztes Jahr noch niemand wirklich wissen. Aber bei einigem Durchlesen von Asfa-Wossen Asserates „Benimmbuch“ (Schlögel, München 2023, S. 744) hätte man Sätze wie die folgenden schon einmal mitbedenken können. Vulgarität, heißt es bei Asserate (eigentlich wäre Asfa-Wossen zu schreiben – wie des Autors Namen und Anrede der Gehörigkeit entsprechend gehandhabt wird, entnehme man seinem wikipedia-Eintrag), artikuliert sich in der „Neigung, hinter allem Großen und Gelungenen, hinter jeder Schönheit und Güte irgendeinen schäbigen Trick zu vermuten“; sie beruht auf der „Überzeugung, das Vollbringen eines großen Werks welcher Art auch immer sei so dürftig ausgestattet wie man selbst und habe nur den richtigen Dreh gefunden“ (S. 134). Trumps Logik des Deals und die Motive derer, die ihn gewählt haben, sind hier auf wenigen Zeilen verdichtet. Zur Abrundung noch diese Bemerkung Asserates: „Man könnte die Grundposition der Vulgarität vielleicht am…