Florence Henri
1893 – 1982
von Herbert Molderings
Am 24. Juli starb in Paris im Alter von 89 Jahren die Malerin und Fotografin Florence Henri.
Einzelausstellungen in Münster und Baden-Baden (1976), im Städtischen Museum für Moderne Kunst (1978) und im Centre Georges Pompidou (1981) hatten in den vergangenen Jahren an ihr Werk erinnert.
Malerin und Fotografin zwischen Bauhaus und französischem Purismus, gehörte sie zu der Bewegung, die in den 20er Jahren das neue fotografische Welt-Bild hervorgebracht hat. Deren künstlerisches Ziel war die Überwindung des Gegensatzes zwischen einer an der Vergangenheit orientierten Bildkultur und dem zeitgenössischen Leben, beherrscht durch Industrie und Technik und die Zusammenfassung der Menschen in großen Metropolen. “Wir leben in Städten, unsere Wiesen sind Asphalt, unsere Sternenhimmel die Bogenlampen, unsere Wälder die Masten der Hochspannung”, verkündete emphatisch der Fotokritiker Hans Windisch 1928.
Hier begannen sich Überzeugungen durchzusetzen, die kurz vor Ausbruch des 1. Weltkriegs in den kleinen Zirkeln der futuristischen Bewegung formuliert worden waren. Die ihnen entsprechenden Bildformen waren ebenso schon vor 1914 erfunden worden, und zwar in der kubistischen Malerei. Florence Henri hatte sie bei André Lhote und in der Académie Moderne unter Leitung Fernand Légers von 1924 bis 1926 studiert. In den Darstellungstechniken der Kubisten findet sich im großen ganzen das Formenrepertoire der Neuen Fotografie vorgeprägt: Die Zerlegung der Identität des Gegenstandes in eine beliebige Zahl von Ansichtsseiten, deren Montage zu einer neuen gedanklichen Einheit, die Aufsprengung der konventionellen, erstarrten Perspektive.
Auf dem Gebiet der Fotografie hatte das Konsequenzen etwa ab der Mitte der 20er Jahre. Das, was das Foto in den…