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Titel: Dauer · Simultaneität · Echtzeit · von Birgit Richard · S. 190 - 195
Titel: Dauer · Simultaneität · Echtzeit , 2000

GRANULAR SYNTHESIS
Flash-Portions

EIN E-MAIL-INTERVIEW VON BIRGIT RICHARD

Die Videoperformance POL von Granular Synthesis arbeitet wie schon bei Modell 5 (auch Motion Control genannt, vgl. Richard 1996) mit der Zerlegung von Videobildern in kleinste Zeiteinheiten. Es entsteht ein dem Betrachter fremdes Raum-Zeitkontinuum in der Performance, die in Echtzeit abläuft und stellenweise eine quälend gedehnte Zeitstrecke formiert. In der Gegenwärtigkeit der zuckenden Bilder und des donnernden Sounds lebt das Bild als Abbild nur für einen kurzen Moment und stirbt dann. Die Performance ist ganz Gegenwart, die Zuschauer sind im Hier und Jetzt eingeschlossen. Der Sound ist eine brüllende Maschinerie, der den Raum samt seiner Insassen in Bewegung setzt und ihnen kaum eine Alternative lässt. Diese neuartige Entführung in einen virtuellen Bild- und Klangraum erinnert an die Industrial-Strategien von Throbbing Gristle, die ihre Zuschauer das Zusammenspiel bestimmter Frequenzen und das Bildmaterial (das Kastrationsvideo) als körperlichen Angriff erdulden ließen.

Der synästhetische Angriff von POL resultiert in bebenden Kleidungsstücken und vibrierenden Körperteilen. Die Besucher sind in ein ähnliches Bild-Sound Feld eingeschlossen wie das Abbild der Sängerin Diamanda Galas in die Projektionsflächen. Diamanda Galas repräsentiert in der Popmusik einen außergewöhnlichen Charakter. Ihr Fanspektrum reicht von Industrial Fans des extremen Gesangs und Geräusches, über die Gothic Punks der 80er Jahre bis zu Besuchern von Jazz-Festivals. Galas pflegt Irrsinn und Hysterie in ihren Darbietungen. Galas so wie auch die Sängerin Lydia Lunch geraten außer Kontrolle und als Künstlerinnen kontrollieren gleichzeitig diesen Zustand. (Reynolds/ Press 1995, 278). Diamanda Galas präsentiert sich in ihrer musikalischen Arbeit als moderne Hexe, Zauberin, Vampirin, die…


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