CLAUDIA WAHJUDI
Fast um$onst
Neue Gesellschaft für bildende Kunst, Berlin, 13.3. – 18.4.2004
Zunächst einmal gibt es einen Schnaps, selbst gebrannten. Das Institut für Primärenergie hat in der Ausstellung “fast um$onst” einen Tag lang einen Informationstisch aufgebaut. Wer Näheres über die Berliner Künstlergruppe erfahren will, muss anstoßen und seine Geldverhältnisse offenbaren. Erst dann erfährt er, dass die Gruppe nicht Informationen verteilt, sondern sammelt: darüber, wie Menschen arbeiten und ihr Leben “am Rande des Machbaren” finanzieren. Noch nicht einmal Auskunft gibt es also umsonst, sondern nur “fast umsonst”.
Der Titel der Ausstellung in der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst (NGBK) setzt das Leitmotiv für die Arbeiten von 23 Künstlern und Künstlergruppen. Hier geht es um das Einkommen von Künstlern, das trotz Wiederbelebung des Kunstmarkts niedrig bleibt. Es geht um den Abbau von Sozialleistungen, der Erwerbslosigkeit und Zahnersatz zum existenziellen Risiko macht. Und es geht um das “Durchwursteln”, um Tugenden wie Teamgeist und Improvisation, die aus der Not geboren werden.
Folgerichtig ist “fast um$onst” reich an Mitmachprojekten. Schräg gegenüber vom Primärenergie-Institut haben Claudia Burbaum, Martin Kaltwasser und Folke Köbberling ihre “Selbstbedienungszentrale” aufgebaut, ein Vermittlungsbüro für kostenlose Möbel, Hausrat und Dienstleistungen. Wer etwas umsonst abgeben oder erhalten möchte, kann Angebot und Gesuch per Telefon und Internet aufgeben oder vor Ort auf rotes und oranges Papier schreiben. Geradezu malerisch wirken die bunten Zettel nun auf der schilfgrün gestrichenen Wand und geben der Ecke trotz der Sperrmüllmöbel so etwas wie ein elegantes Flair. Barbara Loreck und Steffi Weismann wiederum sammeln, ähnlich wie einst die Künstlerin Susanne Bosch mit ihrer…