Farbgestaltung an historischen Hausfassaden und in einer typisierten Neubau-Großstruktur
von Karl Otto Lüfkens
Im Unterschied zu den grundsätzlichen Zweifeln von Christel Darmstadt, ob es denn überhaupt möglich sei, “harmonische” Farbgestaltungen in der Architektur aus einer wie auch immer gearteten Regelästhetik abzuleiten, ist der Architekt Otto Lüfkens zuversichtlich, daß bei der farbigen Fassung von Altbauten die Einhaltung bestimmter Grundregeln zweckmäßig sein kann.
So formuliert er im ersten Teil seines Beitrages mit Blick auf die Praxis der Baufarbgestaltung einen aus eigener Erfahrung erwachsenen Kegelkatalog, um dann im zweiten Teil über eine ungewöhnliche Gestaltungsinitiative der Bewohner eines Neubaugebietes zu berichten. Der Verfasser demonstriert, daß es in einer vermeintlich total verplanten und verwalteten, fremdbestimmten urbanen Umwell unter bestimmten sozialpsychologischen Voraussetzungen durchaus möglich sein kann, Freiräume für selbstbestimmtes Handeln nicht nur als solche zu erkennen, sondern sie auch gestalterisch zu nutzen. D.h., in einer durch das industrielle Bauen typisierten und damit redundanten, optisch und emotional kaum anregenden Großstruktur kann es den Bewohnern durch freie Hausbemalungen gelingen, ein Stück ihrer Individualität und Identität auf die Straße zu tragen und so einen “einprägsamen Ort” zu schaffen, der den Menschen hilft, “sich zu orientieren und – in Erweiterung dessen – sich selbst zu erkennen” (Charles Moore).
Einleitung
Wir erleben heute einen Nachholprozeß: Nach dem Siegeszug der Farbe in der Werbung, der Verpackungs- und Konsumgüterindustrie tritt die Farbe jetzt auch in der gebauten Umwelt stärker in Erscheinung. Bemerkenswert ist, daß es die Altbauten des 19. Jh. waren, die in den 70er Jahren plötzlich durch intensive Farbgebung auf sich aufmerksam machten. Mancher hielt diese in…