Viola König
Farben der Tropen II
Mit den Farben der Tropen verhält es sich ganz so wie mit den Tropen selbst: Nur wer sich sowohl innerhalb als auch außerhalb der Tropen aufhalten kann, vermag sie als solche zu erkennen. Einer der ersten, der dazu Stellung bezog, war Alexander von Humboldt: Verstrickt in die zeitgenössische Auseinandersetzung zwischen naturwissenschaftlichen Farbsystemen (Newton) und kreativ-künstlerischen (Goethes Farblehre) entschied er sich letztlich für das „fortschrittlichere“ naturwissenschaftliche. Seither existieren beide nebeneinander, doch nicht mehr als Gegensatz, sondern komplementär.
Der blüne Ozean – Nur ein Wort für Blau und Grün
Längst nicht alle Fragen der menschlichen Farbwahrnehmung sind geklärt. Für bekannte Phänomene ergab sich erst jüngst eine Begründung: Uns wurde im Studium beim Erlernen der Mayasprachen erklärt, dass die Maya nicht zwischen Grün und Blau unterschieden; die beiden Farben seien für sie zumindest sprachlich identisch. Heute weiß man, dass sie für die Bewohner in Äquatornähe auch tatsächlich identisch sind. Unter dem Titel „Der blüne Ozean“ ging Jochen Paulus der Tatsache auf den Grund, dass viele Völker in den Tropen für „Blau“ und „Grün“ nur ein Wort haben: Die Ursache liegt in der UV-Strahlung. Wie die Maya und viele andere Kulturen verwenden auch die Berinmo in Papua-Neuguinea dasselbe Wort für Blau und Grün, andere Sprachen helfen sich mit dem Wort für „Dunkel“ anstelle eines eigenen Begriffes von „Blau“. Können Angehörige dieser Kulturen die Farben nicht unterscheiden? Johann Gottfried von Herder und Wilhelm von Humboldt argumentierten, wenn die Sprache keine Vokabeln dafür bereithielte, könnten die Sprecher solche Farben de facto auch nicht…