Fällt die Gegenwart der Tradition oder dem Salon zum Opfer?
“Arte allo Speechio”, ,,Arte, Ambiente, Scena” –
Die Hauptausstellung der 41. Biennale in Venedig
von Annelie Fohlen
Wo auf der Welt stünden Tradition und Gegenwart so unvermittelt und fein säuberlich getrennt nebeneinander wie in Venedig. In der Hochgarage und am Bahnhof endet das industrielle Zeitalter. Setzt man den Fuß auf das Vaporetto oder das Diretto, erinnert allenfalls noch das Motorengeräusch, auf der Piazza San Marco eben noch die Ansammlung von Foto- und Filmkameras an die Erzeugnisse des industriellen Fortschritts. Ansonsten ist auch im Verfall der Zauber der Vergangenheit in Venedig total. Für die Biennale dürfte dies die immerwährende Garantie ihres Erfolges sein. Wie bedeutend oder unbedeutend ihr Beitrag zum internationalen Kunstgeschehen ist, im Zauber der Stadt verliert noch der ärgste Tiefschlag im Ausstellungsbetrieb seine Stacheln. Die Behauptung, daß Venedig als Zeugnis eines einmaligen architektonischen, kulturellen und sozialen Ambientes die Biennale, wie auch immer sie sich darbietet, was auch immer sie im Gesamtkontext der Kunstreflexion anzubieten hat, attraktiv macht, weil, wenn schon die Kunstschau nicht lohnend sein soll, diese immerhin ein gutes Alibi für eine Reise in die Stadt abgibt, eine Reise, die man ehrlicherweise eher unter Ferien – denn unter Arbeitsreise – verbuchen müßte, diese Behauptung scheint kaum vermessen. Sicher, das Thema “Die Kunst und die Künste. Tradition und Gegenwart”, das man für die Gesamtveranstaltung als programmatische Parole ausgegeben hat, steht seit langem an und ist in Venedig auch nicht zum ersten Male behandelt. “Art about Art” lautete der Titel…