Anne Krauter
Exotische Welten – Europäische Phantasien
Eine Ausstellung des Instituts für Auslandsbeziehungen und des Württembergischen Kunstvereins
im Kunstgebäude am Schlossplatz, Stuttgart
2.9.-29.11.1987
Man stelle sich vor, Winnetou und Robinson Crusoes eingeborener Freund Freitag begegnen sich auf der Osterinsel. Winnetou verschränkt die Arme und neigt leicht sein stolzes Haupt zum Gruß. Freitag grinst verlegen und macht einige unbeholfene Bewegungen. Danach nehmen sie am weißen Strand unter Palmen Platz. Ein kleiner Mohr mit Seidenturban und Pumphosen serviert ihnen Konfekt, eine kaffeebraune Schöne reicht ein alkoholisches Getränk in einer halben Kokosschale. Indessen wiegt sich eine Strandnixe mit Blumen im Haar zu fremdländischen Musikklängen in der rotglühenden Abendsonne. Der Geruch des Meeres mischt sich mit dem Duft wilder Blumen und dem der großen weiten Welt, der einer Zigarette entsteigt.
Doch was ist falsch an dieser Szene? Ist es das Ambiente einer Strand-Disco oder die Häufung von Klischees, wie die Sinnbilder des edlen (Winnetou) und des primitiven (Freitag) Wilden, die der Szene ihre Trivialität geben? Nicht allein. Die Tatsache, daß solche Bilder im Alltag ständig anwesend sind, ist ebenso erstaunlich wie die Konstanz, mit der sich die Unter-haltungs- und Werbeindustrie des Exotischen als Stereotyp bedienen kann – bevorzugt unter dem Gesichtspunkt einer Paradiesvorstellung, die fernab der westlichen Massengesellschaft ihren Platz findet. Wünsche und Sehnsüchte werden in fremdartige Bereiche transponiert. Im Grunde genommen genügt der Farbklang türkis, weißgelb, grün, blau, um die Assoziation Palmenstrand in der Karibik auszulösen.
Unter solchen Voraussetzungen findet der Kontakt mit dem Exotischen kaum jemals mit dem Bedürfnis statt, die fremde Kultur wahrzunehmen oder gar…