Lens
Exils
Regards d’artistes
Louvre 25.09.2024–20.01.2025
von Amine Haase
An einer Stelle der Ausstellung glaubt man, von den Wellen des Meeres umgeben zu sein und im dunklen Nass zu versinken. Man fühlt sich umschlossen, erdrückt von Yan Pei-Mings Diptychen im schwarzen Morgengrauen (Aube noire, 2015), an einen Strand geworfen, nachts, so dass man kaum die Hand vor Augen sehen könnte. Finstere moderne Zeiten (Les temps modernes, 2015) kündigen sich an. Exils – also Exil im Plural – ist der Titel einer Ausstellung im Louvre Lens, und natürlich denkt man zuerst an die Geflohenen und Vertriebenen, die heute ihr Heil in Europa oder Nordamerika zu finden hoffen. „Überall Fremde“, wie es bei der Biennale Venedig 2024 hieß – die Fremden sind die Anderen, und die Fremden sind wir.
Möglichst viele Facetten des Exils will die von Dominique de Font-Réaulx kuratierte Ausstellung „durch die Augen von Künstlern“ zeigen (Regards d’Artistes lautet der Untertitel): Von der Vertreibung aus dem Paradies und Homers Epos der Odyssee bis zu den Katastrophen der Weltkriege und dem Dschungel von Calais. Mit Zeugnissen von Exilierten des 19. und 20. Jahrhunderts – wie Victor Hugo, Gustave Courbet oder Fernand Léger, Marc Chagall – und des 21. Jahrhunderts – wie Sally Gabori, Nil Yalter, Zarina Hashmi. Und im Spiegel von Zeitgenossen – wie Miriam Cahn, Taysir Batnij, Barthélémy Toguo, Kimsooja, Kader Attia, Annette Messager. Um in der Vielzahl der Perspektiven, die stellenweise ziemlich überraschend wechseln, nicht den Kompass zu verlieren, und um die Menge der Namen und Orte nicht allzu willkürlich aneinandergereiht erscheinen zu…
