Claudia Wahjudi
Exil. Flucht und Emigration europäischer Künstler 1933-1945
Neue Nationalgalerie, Berlin, 10.10.1997 – 4.1.1998
Ausgerechnet in der dunkelsten Kammer drängen sich die meisten Besucher. Hier läuft ein Dokumentarfilm, der die amerikanische Flüchtlingspolitik 1939 schildert, als in Europa die Menschen vor den Konsulaten der USA Schlange standen. Sie hofften auf ein Visum, das ihnen die Flucht vor den Nationalsozialisten möglich machte. Wie schwer der Kampf um die Papiere war, schildern Zeitzeugen. Anträge wurden hinausgezögert, abgelehnt. Denn in den USA herrschte Wahlkampf: Aus Furcht vor Arbeitslosigkeit sprachen sich in einer Umfrage über 80 Prozent der Bürger gegen die Aufnahme von Ausländern aus, und Roosevelt wollte ein drittes Mal Präsident werden. Die USA machten dicht.
Mit diesem Film, den Ghana Gazit aus amerikanischem und europäischem Archivmaterial zusammengeschnitten hat, rückt die Ausstellung “Exil” die Emigration europäischer Künstler zwischen 1933 und 1945 in ihre historischen Relationen. Über die Flucht entschieden nicht selten Bürgschaften, Kontakte und ein prominenter Name – ein Visum war Luxus. Yves Tanguy, Piet Mondrian, Marcel Breuer und László Moholy-Nagy kamen in den USA an, ebenso Salvador Dalí und Jacques Lipchitz. Kurt Schwitters und John Heartfield blieben in Großbritannien. Rund 120 Arbeiten von 23 Künstlern versammelt die Ausstellung; dazu kommen Filme, Modelle und über 200 Dokumente zu den Arbeitsbedingungen im Exil.
Der Aufwand setzt Standards. Obwohl der Einfluß europäischer Emigranten auf die amerikanische Nachkriegsmoderne Konsens ist, spielt die Emigration zwischen 1933 und 1945 in der Kunstgeschichte noch immer eine geringere Rolle als in der Literatur- oder Wissenschaftsgeschichte. “Exil” könnte das ändern. Die Recherche für die Ausstellung,…