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Ausstellungen: Berlin · S. 232 - 237
Ausstellungen: Berlin , 1990

Michael Nungesser
Evgen Bavcar: Innen und Außen

RUINE DER KÜNSTE, BERLIN, 1. – 40.4.1990

Evgen Bavcar fotografiert meist im Dunkeln, in dem er besser zu “sehen” vermag. Ein Paradoxon – nicht aber für Bavcar; er ist blind – und Fotograf. Das fotografische Bild – sein künstlerisches Produkt – vermag der 44jährige in Paris lebende Slowene nicht zu sehen, aber er kann dessen Gegenstände im Prozeß der Aufnahmevorbereitung ertasten, abhören, erlauschen, seine Räumlichkeit mit dem Körper erspüren und versuchen, die Zielgerichtetheit des fotografischen Auges mit seiner eigenen ganzheitlichen Sinneswahrnehmung verbinden. Bavcar arbeitet gerne nachts, wenn inneres und äußeres Dunkel zusammenfallen. Um ein übermittelbares Foto zu erhalten, leuchtet er die Dinge an und bannt sie durch Langzeit- und Mehrfachbelichtungen auf den Film. Ein wenig lebt in ihm noch die Erinnerung an die sichtbare Welt, da er erst mit elf Jahren infolge eines Unfalls das Augenlicht verlor.

Auf Einladung des Schriftstellers und Konzeptkunst-Interpreten Walter Aue hielt sich Bavcar, der zum ersten Mal in Berlin war, für eine Woche in der Ruine der Künste auf. Kaum hatte er sich in der ruinösen Vorkriegsvilla und in ihrem Garten orientiert, begann er, sie rund um die Uhr zu fotografieren – innen und außen; er hat “sie reflektiert mit materialen Augen, die nicht seine sind”. Aus der Fülle des fotografischen Materials machte Kollege Harald Naisch Kontaktabzüge, die sich Bavcar beschreiben und von denen er sich daraufhin rund 50 vergrößern ließ. Sie wurden nun auf dem Boden der Ausstellungsräume verteilt, und der Auswahlprozeß wiederholte sich. Wieder bat Bavcar um Beschreibungen, ließ…


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