EveryBODY
Körperkunst und Kunstkörper
von Ann-Katrin Günzel
„Der Körper ist der Nullpunkt der Welt, der Ort, an dem Wege und Räume sich kreuzen.“
Unser Körper, dieser Ort, von dem aus wir die Welt wahrnehmen, begleitet uns ein Leben lang – sowohl mit all den Veränderungen, die im Laufe der Zeit durch Alterungsprozesse oder Krankheiten stattfinden, als auch mit all jenen Manipulationen, Konstruktionen und Möglichkeiten der Inszenierung, die wir durch technologische, medizinische und naturwissenschaftliche Entwicklungen haben. Und so ist die Transformation seiner Materialität ein lebenslanger und generationenübergreifender Prozess. Abgesehen davon, dass der Körper bis zur Pubertät durch Zellvermehrung und Hormone wächst, länger, breiter, stärker wird, Geschlechtsorgane, Brüste, Haare wachsen und Muskeln sich durch Bewegung herausbilden – während all das im Alter zum Teil wieder entgegengesetzt verläuft – gestalten, modifizieren und optimieren wir ihn seit Jahrhunderten auch unabhängig von diesen natürlichen Abläufen: wir färben, tätowieren, lackieren, rasieren, frisieren und trainieren, piercen, vermessen, verschönern und inszenieren ihn. Mit zunehmenden Möglichkeiten nehmen wir auch immer mehr existenziellere Eingriffe und Veränderungen vor, wir verkleinern oder vergrößern Körperteile operativ, addieren und amputieren, setzen Implantate und Prothesen ein. Wir gestalten unser eigenes Körperbild und unsere biologische Identität und haben damit (scheinbar) eine grenzenlose Freiheit erlangt.[03+04]
Es gibt wohl kaum etwas, das derzeit so im Fokus unserer Aufmerksamkeit steht, wie das Bild von unserem Körper. Und das obwohl – oder gerade weil – wir ihn mit zunehmender Digitalisierung auch immer mehr zum Verschwinden bringen, und durch unterschiedliche Prothesen und Hilfsmittel ersetzen. Benutzte man früher einfache Hilfsinstrumente…