Amine Haase
Europa und der Orient 800 bis 1900
Ausstellung der Berliner Festspiele Horizonte ’89
Martin Gropius Bau, 28.5.-27.8.1989
Europa und der Orient – die Geschichte einer Beziehung während 1100 Jahren, zwischen 800 und 1900, dokumentierte und kommentierte die große West-Berliner “Horizonte”-Schau ’89 im Martin-Gropius-Bau. Die Daten mögen überraschen, vor allem, wenn in der Ausstellung Objekte aus der Zeit 2000 v.Chr. zu sehen sind. Sie haben aber ihren Sinn in der Fixierung der west-östlichen Begegnung. Und die hinterläßt bedeutsame Spuren – für Orient und Okzident – vom 9. Jahrhundert n.Chr. an.
Damals führte eine rege Übersetzungstätigkeit hellenistischer Werke zu atemberaubenden Entwicklungen in der arabischen Kultur. Während “zwischen dem 10. und 14. Jahrhundert die islamische Welt das westliche Europa nachhaltig beeinflußt” – wie die Herausgeber des über 900 Seiten umfassenden, sehr lesens- und anschauenswerten Katalogs, Hendrik Budde und Gereon Sievernich, schreiben. Und mit der Renaissance beginnt dann eine wahre Wiedergeburt der Antike – nebst des Alten Orients.
Nach “Mythen der Neuen Welt: Zur Entdeckungsgeschichte Lateinamerikas” (1982) und “Europa und die Kaiser von China” (1985) ist auch diese “Horizonte”-Schau sicherlich ein Beitrag zum Verstehen fremder Kulturen – die gerade in Berlin so fremd nicht sind. Die Orient-Ausstellung vermied einen klischeehaften 1001-Nacht-Effekt (außer in dem Schlußkapitel mit Malerei vorwiegend des 19. Jahrhunderts, über dem allerdings schon der ironische Titel “Cherchez la femme d’Orient” Distanz signalisiert). Die Pracht der Objekte und die Präzision der Erfindungen, das Staunen vor den wundersamen Dingen sowie der Respekt vor den frühen Erkenntnissen und ihren Formwerdungen – machte die Ausstellung zu einem Erlebnis, bei…