Renate Puvogel
Eugenio Dittborn – MAPA
Witte de With, Rotterdam, 11.12.1993 – 30.1.1994
80 “Airmail Paintings” von Eugenio Dittborn haben vorübergehend Station gemacht in Rotterdam, ausgesandt von des Künstlers Heimatort Santiago de Chile. Vorübergehend, denn sie werden an den Absender zurückgeschickt, um anschließend einen anderen Ort irgendwo auf der Welt zu erreichen. Die Reise, das Überbrücken von Entfernungen, das wechselseitig wirksame Verknüpfen unterschiedlicher Kulturen, insbesondere derer der sogenannten ersten und dritten Welt und damit das kosmo-politische Anliegen des Künstlers sind bereits wesentliche Momente dieser wandernden Kunst. Sie wehrt sich gegen die Anmaßung westlicher Kulturzentren, einen verbindlichen Kunstbegriff zu behaupten und damit Kunst zu monopolisieren und zu vereinnahmen. Sie umgeht aufwendige Mechanismen von Versand, Versicherung, Lagerung, kommt daher in Gestalt riesiger Briefcouverts, offiziell deklariert und doch als Trojanisches Pferd getarnt und nicht eindeutig festzumachen. Und so erinnert der Stapel flacher Hüllen in der Ausstellung an die Fracht, selbstverständlich und ungewöhnlich; das ordnungsgemäß aufgelistete Postgut nimmt sich gleichzeitig wie das Inhaltsverzeichnis eines Buches aus. Auch der Inhalt dieser Umschläge entzieht sich allen Festschreibungen: ein riesiges Wandtableau setzt sich aus umschlaggroßen entfalteten Einzelbildern zusammen, sein synthetisches Material zwischen Papier und Stoff läßt es sowohl Brief wie Bild sein; vielgestaltige, weiße Tücher sind randvoll beschrieben, bezeichnet, bemalt und bedruckt mit in sich verwobenen Textpassagen, Kohle- und Bleistiftzeichnungen, Malereien und Siebdrucken. Mehrere Drucktypen und Handschriften verwischen die Autorschaft; Bilder, Texte und Zeichen vernetzen unhierarchisch Orte und Zeiten. Denn was hier jeweils nebeneinandergerät, entstammt den Mythen des eigenen Volkes, ihrer Geschichte vor und nach der europäischen Eroberung ebenso…