vorheriger
Artikel
nächster
Artikel
Ausstellungen: München · S. 439 - 440
Ausstellungen: München , 1989

Heinz Schütz
Ettore Spalletti

Kunstverein München, Juli bis September 1989

Bitte die Exponate nicht berühren.” Auf eigens für die Spalletti- Ausstellung angebrachten Zetteln richtet sich dieser Appell an die Besucher des Münchner Kunstvereins. Als Beleg für ein aufkeimendes Berührungsbedürfnis läßt die Bitte durchaus Rückschlüsse auf die Eigenart der ausgestellten Werke zu: Berührung kann auf taktilen Lustgewinn zielen, sie dient aber auch dazu, sich der Wirklichkeit zu vergewissern: Dort, wo das Auge dem Schein zu erliegen droht, versucht der Griff nach der Realität sich über die Existenz des Wahrgenommenen Klarheit zu verschaffen.

Beide Berührungsmotive sind in den Arbeiten Spallettis von Bedeutung: die Glätte der Oberflächen verführt dazu, ihre taktilen Reize auszukosten. Dabei ist der Schritt zur Wirklichkeitsvergewisserung nicht weit. Paradigmatisch hierfür mag Spallettis “Alabasterstein” stehen, bei dem die Hand vergeblich sucht, was das Auge sieht. D.h. die materialen Unregelmäßigkeiten, die Schründe und Adern des Steins sind zwar sichtbar, unter der geglätteten Oberfläche jedoch entziehen sie sich dem Tastsinn und beginnen sich zu verflüchtigen. Die geglättete Form beraubt das Material gleichsam seiner Wirklichkeit und läßt vergessen, daß der Stein tatsächlich Stein, daß er hart und nicht weich, daß er massiv und nicht transparent ist.

Die sanfte Irritation setzt sich auf der funktionalen Ebene fort. Weiße, säulenartige Körper – vor dem Hintergrund der weißen Wände nahezu verflüchtigt – nennt Spalletti “Vasen”. Wie dekorativer Zierrat, mit dem einst Architekturen geschmückt wurden, sind sie – da oben verschlossen – letztlich nur für das Auge gemacht. Wie die Häuser von “Posa” und “Gruppo de la fonte”, denen Türen und Fenster…


Kostenfrei anmelden und weiterlesen:

  • 3 Artikel aus dem Archiv und regelmäßig viele weitere Artikel kostenfrei lesen
  • Den KUNSTFORUM-Newsletter erhalten: Artikelempfehlungen, wöchentlichen Kunstnachrichten, besonderen Angeboten uvm, jederzeit abbestellbar
  • Exklusive Merklisten-Funktion nutzen
  • dauerhaft kostenfrei