ALLAN KAPROW
ESSAY OHNE ÜBERSCHRIFT
Der hier erstmals (von Winfried Nöth) ins deutsche übersetzte Essay entstammt dem Buch: Allan Kaprow, 1967, Untitled Essay and other works, New York, Something Else Press. Er wurde erstmalig ohne Überschrift zusammen mit dem ersten gedruckten Happening-Szenario ‘Der Demiurg’ veröffentlicht, in dessen Überschrift das Wort ‘Happening’ zum ersten Mal in seiner jetzigen Bedeutung erscheint.
Ich glaube, daß ein Künstler, der über seine Kunst schreibt, im eigentlichen Sinn des Wortes nur für sich selbst schreiben sollte. Er sollte sich amüsieren, sich Fragen stellen, sich schmeicheln, Rollen für sich selbst erfinden, seinem Ebenbild große Aufgaben aufbürden, mit studiertem Genuß seine höchsten Ambitionen ansprechen und vor allem sich selbst so wenig ernst wie nur möglich nehmen. Gerade in dem Moment, wenn die Worte gänzlich zum Monolog werden, erhalten sie etwas wie einen Hauch von Authentizität. Das ist nicht einfach – man denkt immer daran, andere ebenso wie sich selbst zu amüsieren – aber wenn es vorkommt, daß ein hoher Grad an Heimlichkeit an Ideen erreicht ist, dann ist es umso wahrscheinlicher, daß sich das, was gesagt wird, dem Status der reinen ‘Lügen’ nähert und eine starke Ähnlichkeit mit einer neuen Erfindungsebene oder mit Kunst aufweist.
Wer möchte denn wirklich über das schreiben, was er tut? Eine ganze Karriere widmet man der Einbildung von Dingen und wenn der Künstler überhaupt daran interessiert ist, seinen Puls zu fühlen, so als ob er untersucht werden sollte, muß er einen Weg finden, um sein Verfahren in ein Abenteuer, eine Form des Lebens selbst, zu verwandeln….