JULIÃO SARMENTO
ES GEHT UM DIE LUST AN DER ARBEIT SELBST UND DIE LUST AN DER MACHT
EIN GESPRÄCH MIT DORIS VON DRATHEN
Nach halbstündiger Fahrt entlang der Atlantikküste, nahe Lissabon, erreichen wir das Atelier von Julião Sarmento. In einer 800m² großen, 10m hohen Fabrikhalle steht in der hintersten Ecke ein Assistent und malt mit feinem Pinsel Astgabelungen nach einer Dia projektion. Die Ar beit, Vorbereitungen für die Wand einer Empfangshalle in einem Bürohochhaus, ist präzis, aber eintönig, der Assistent hat in der linken Hand ein Band; wenn er daran zieht, kann hin und wieder sein Söhnchen im Allzweck sitz wiegen. Hunderte von Verzweigungen, schwarz auf rostrotem Grund – Astgabelungen, ge kreuzte Beine oder auch Skelette? Im austauschbaren Wechsel taucht dies Motiv in vielen Bildern von Sarmento auf. Der Künstler, der 1997 Portugal auf der Biennale vertrat und 2001 mit einer Videoarbeit vertreten war, beunruhigt mit einem labyrinthartigen Werk von Photographien, Bildern und Zeichnungen, die im Vexierspiel zwischen Eros, Gewalt und Tod den Betrachter in eine unheimliche Bildwelt verwickeln, von der nie klar ist, wo die eigentlich zu sehen ist. So weitläufig und ungreifbar seine Arbeit ist, so durchgeordnet ist sein Atelier und sein Archiv. Zu jedem Fitzel in seiner Arbeit wird er sagen können, wann, wo, wie er dieses oder jenes Element ge- oder erfunden hat. Was aber tatsächlich die Notwendigkeit dieser und keiner anderen Arbeit ist, der innerste Schaffensmotor, das ist so wenig zu erklären, wie sein wichtigstes Motiv: die Lust.
Doris von Drathen: Üblicherweise kennt man deine Arbeit eher seit…