Erwin Wurm
Bildhauerische Analysen
Lehmbruck Museum
07.07. – 29.10.2017
von Helga Meister
Erwin Wurm ist in diesen Wochen viel beschäftigt. Er ist Mitstreiter im österreichischen Pavillon in Venedig, stellt im Luther-Jahr im alten Wittenberger Gefängnis aus und hat seine Arbeit in Duisburg breit aufgestellt, wobei der signalrote Boxhandschuh nur noch in Wittenberg zu sehen ist. Im MKM wurde er mitsamt der Ausstellung inzwischen abgebaut.
Der Künstler positioniert seine Werke wie Pop-Ikonen. So präsentiert er seinen roten, aufgedunsenen und verfetteten Porsche Carrera („Fat Convertible“, 2005) mit den Speckröllchen in der gläsernen Vorhalle des Lehmbruck Museums. Jeden Lichtstrahl und Reflex lenkt das wabbernde Lackwunder auf seine Oberfläche. Doch dem ehemaligen Professor für Bildhauerei geht es nicht nur um den Schau-Effekt, etwa die „Ärgerbeule“ in der Hose eines kopflosen Kerls, sondern auch um das skulpturale Prinzip. Wurms Objekte sind auf den Sockel erhobene Alltagsdinge oder festgefrorene Handlungsformen, aber immer auch bildhauerische Analysen.
Was wird aus dem maigrünen Strickstoff eines Riesenpullis mit Halsbörtchen, wenn er sich in 90 Meter Breite um die Wände windet, mitsamt schlappem Ärmel, der darüber hängt? Ist er noch das Bild eines Pullis, ist er Farbfeld, Wand, Körper, Malerei oder ein aufgeblasenes Nichts? Wieso wird ein Eimer auf dem Kopf eines sitzenden Mannes zur absurden Szene? Das Angebot zum Mitmachen wird neuerdings um die Aufforderung zum Mitdenken erweitert. Weil die „One Minute Sculptures“ das Publikum kaum noch zum Agieren verleiten, zieht er die Konsequenz daraus und engagiert junge Damen, die dem Besucher die Arbeit der Selbstdarstellung abnehmen. Sie säuseln zwischen Werken…